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Re: [ox] Begriff Moeglichkeit



Hi Hans-Gert und alle,

graebe informatik.uni-leipzig.de schrieb:
   jetzt wird's arg speziell.

Deshalb bin ich mit der Diskussion in den Text "Gegenbilder 2.1"
umgezogen.  Hier nur noch schnell ein paar notwendige Antworten.

Ack. Auch nur kurz - zur Beruhigung der Stimmungen...

   graebe informatik.uni-leipzig.de schrieb:
   > Da habt ihr bisher nichts zur Präzisierung beigetragen. Reproduktion
   > wovon also? Von Gesellschaftlichkeit? Des Individuums? Von
   > Sozialstrukturen? Technik? Technologien? Kultur?

   Es geht hier um die Gesellschaft. Also: Produktion und Reproduktion
   des _gesellschaftlichen_ Lebens. Umfassend und historisch
   spezifisch.

Und an der kann mensch _nicht_ beteiligt sein?

Ja, daran kann der Mensch nicht beteiligt sein, wenn du willst, auch
ganz und gar nicht. Aber wichtig ist: Jede/r kann sich jeweils
entscheiden - eben weil man sich auch _nicht_ beteiligen _muss_.

   Der wichtige Unterschied ist hier: individuell und durchschnittlich.
   Individuell muss ich mich mitnichten an der gesellschaftlichen
   Produktion und Reproduktion beteiligen, durchschnittlich müssen dies
   die Menschen sehr wohl schon.

Das erklär mir mal genauer, besonders bei obigem Verständnis von P+R.

Hm wie? Ich würde mich wiederholen: individuell - nee,
durchschnittlich - ja. Das ist eine analytische Aussage.

   Dieser Unterschied macht die individuelle Möglichkeitsbeziehung zur
   gesellschaftlichen Realität aus: Ich kann so, aber auch anders
   handeln - grundsätzlich und immer.

Reproduktion des _gesellschaftlichen_ Lebens geschieht doch aber
gerade dadurch, dass Individuen gewisse Handlungsoptionen ausschöpfen
und andere auslassen, oder?

Du meinst das irgendwie alles auf alles wirkt? Das ist zu
unspezifisch. Wenn ich mich nicht beteilige (den ganzen Tag am
Strand liege), dann habe ich auch nicht an der
gesamtgesellschaftlichen Reproduktion teil.

   > Präziser: dass "Freiheit" als Freiraum einer expliziten,
   > impliziten oder wie auch immer gearteten gesellschaftlichen
   > Vereinbarung bedarf.

   Oh nein, bloss nicht. Dann hätte es dies freie Softwarebewegung nie
   gegeben. Die individuelle Selbstentfaltung als praktische
   Realisierung menschlicher Möglichkeiten ist an keine Vereinbarung
   gebunden (es sei denn man betrachtet sie als "praktische
   Vereinbarung").

Was soll das? Ich habe einen Pointer auf ein anderes Papier gesetzt,
statt es auszugsweise zu zitieren, da der Gedankengang recht komplex
ist. Bitte nimm das ernst, denn solche "Interpretationen" sind nicht

Huch, was habe ich da missinterpretiert? Ich nehme dich sehr ernst.
Ich bin nur der Meinung, dass Freiheit nichts ist, was einem
zugestanden wird, was einer "wie auch immer gearteten
gesellschaftlichen Vereinbarung bedarf". Ganz ernst.

   > Statt dessen bestritten Friedrich und Mehlhorn, zwei
   > DDR-bekannte Intelligenzforscher aus dem ehemaligen ZIJ, die
   > Diskussion.

   "Intelligenzforschung" halte ich für ziemlichen Humbug, da gabs die
   deutsche Einheit schon vor der Einheit. "Intelligenz" ist ein
   Mythos, ein Fetisch, ein ideologisches Konstrukt. Aber ich will
   jetzt keine Intelligenzdiskussion aufmachen, ich bin ja schon ruhig
   und ärgere mich nur noch ganz leise.

Was soll die Arroganz?

Das ist keine Arroganz, sondern Ärger. Es geht mir um den Begriff.

Schau Dir an, was Mehlhorn macht
(www.creativityschools.de) und dann reden wir weiter. Ich habe auch
gar nicht über Intelligenzforschung geschrieben, sondern

   > Mehlhorn arbeitet schon lange mit Vor- und
   > Grundschulkindern in dieser Richtung und betonte aus eigenen
   > Untersuchungen, dass neben evtl. vorhandenen genetischen
   > Prädispositionen die Bedingungen, unter denen sie sich entfalten,
   > besonders bis etwa 12 Jahre, eine mindestens ebenso entscheidende
   > Rolle spielen.

Es ging einzig um "Entwicklung durch Entfaltung" als Bewegungsform von
(hier) menschlicher Individualität.

"... dass neben evtl. vorhandenen genetischen Prädispositionen die
Bedingungen, unter denen sie sich entfalten, ..." - die "Guten" oder
"Linken" heben die Rolle der "Bedingungen" hervor, während die
"Doofen" (Soziobiologen und Konsorten) die "genetische
Prädisposition" betonen. Dann "einigt" man sich - je nach Konjunktur
- bei 30:70, 50:50 oder 70:30. So _muss_ man den Diskurs unter dem
"Intelligenzbegriff" führen, und das halte ich für falsch (mal
unaufgeregt formuliert). Aber ok, akzeptiert, das war nicht sehr
freundlich von mir. Sorry.

   >    Tierische Aktivitäten sind vollständig determiniert (was Lernen,
   >    Emotionen und Motivationen nicht ausschliesst, das Denken aber
   >    schon).
   >
   > Jedenfalls leben sie in einem ähnlichen Möglichkeitsraum wie wir
   > Menschen, insofern ist "vollständig determiniert" in dem Lichte
   > Quatsch.

   Das scheint so, denn das "Licht" ist falsch. Annette, du schliesst
   "Aktivität" und "Möglichkeit" kurz und Hans-Gert fällt drauf rein.

Na, dazu will ich Annette dann doch noch mal selbst hören.

Schaun mer mal...

Ciao,
Stefan

-- 
  Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen
  HA II, Abteilung Datenverarbeitung
  Kanzlerstr. 8, 40472 Duesseldorf
--
  stefan.meretz hbv.org
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