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[ox] Autorenverguetung



eine Antwort auf die Mail von Stefan Merten (09 Dec) ist noch offen.
Du schreibst

   > Der Inhalt des Topfes (der Töpfe?)  wird unter denen aufgeteilt,
   > die das Wissen "produziert" haben.  Das wichtige (und gegenüber
   > Marktmechanismen entscheidende) ist die Entkopplung der Phase des
   > Einzahlens in den Topf von der Phase des Verteilens seines
   > Inhalts.

   Ist das wirklich das Entscheidende?

Ja, denn es bedeutet Geld, aber nicht Markt. Und eben kein Zurück von
G-W-G' zu W-G-W', sondern statt "blinder, tautologischer" Vermittlung
dieser Beziehung eine wenigstens teilweise bewußte, indem sich in der
Gesellschaft Gedanken gemacht werden, wer nach welchen Prinzipien die
Töpfe füllt und wer nach welchen Prinzipien davon partizipiert.  Damit
rückt, wenigstens potenziell, wieder Funktionalität in die Mitte der
Entscheidungsprozesse. Und zweitens folgt eine solche Entkopplung
exakt der Art der Vergesellschaftung allgemeiner Arbeit, siehe mein
AWI-Paper. 

Ich habe übrigens bewußt die Metapher "Büchse" durch "Topf" ersetzt,
um zu zeigen, dass eine solche Finanzierungsform bereits heute gar
nicht so unüblich ist. Das zum Thema Keime.

Du schreibst weiter 

   Wie schon ausgeführt wurde ist die Nutzung des Wissens sowieso vom
   Einbringen entkoppelt - ich kann einen Gedanken immer selbst
   weiterspinnen und umwandeln, etc. pp. Das Problem hier ist eigentlich,
   das die Zurechenbarkeit der "Leistung" zu einer "Leistenden" nur
   willkürlich erfolgen kann und gar die "Nutzung" dieser "Leistung".
   Oder verfahre ich mich jetzt?

Da sind wir mitten in der ontologischen Dimension der Wertkategorie.
Kann man in einer solchen Kompetenzgesellschaft Leistung messen oder
nur Leistungs_fähigkeit_? Und hat man etwas davon, sie _post factum_
festzustellen wie am Markt (wo diese nachträgliche BeWERTung ja ganz
wesentlich Prognosefähigkeit misst, die allerdings auch im engen
Arbeitsbegriff als _zweckmäßige Tätigkeit_ ihr Gegenstück hat) oder
nicht.  Wissenschaft zahlt in der Regel auf der Basis _bisher
bewiesener_ Leistungsfähigkeit eine Avance auf die Zukunft.  Wenn Du
Geld für ein Projekt haben willst oder Dich auf eine Stelle bewirbst,
dann wird immer nach Deiner bisherigen Vita gefragt und diese
beWERTet. 

   > ... ist eine derartige Entkopplung mE eine beachtenswerte
   > Errungenschaft, die man auf dem _Weg in die_ GPL-Gesellschaft
   > nicht so einfach über Bord werfen sollte.

   Na, so groß ist die Errungenschaft nicht. Die Entkoppelung hast du in
   der steuerfinanzierten staatlichen Infrastruktur an jeder Ecke.

Bingo. Es sind keine Keime mehr, sondern sie sprießen schon an allen
Ecken und Enden unter der Asphaltdecke der Marktwirtschaft.  Also
schärfen wir doch mal den Begriff der Infrastrukturarbeit, statt, wie
das im Mainstream üblich ist, undifferenziert über die sog.
Dienstleistungsgesellschaft zu reden!

   Letztlich läuft jede solche Büchse vermutlich auch genau auf ein
   solches steuer- bzw. gebührenfinanziertes (d.h. abhängig vom
   Nutzungsgrad) Umverteilungsmodell hinaus.

Vielleicht, obwohl nicht überall der Staat dabei ist. Bei den Rahmen
schon, aber Rente, Krankenkasse, VG Wort ... sind nicht, wie im
Realsozialismus, der lange Arm des Staates, sondern eigenständige
Rechtssubjekte mit öffentlichem Auftrag. Und dann gibt es noch private
Krankenkassen, die Pläne zu einem privaten Rentenanteil, die
privatisierte Bahn ... Studienmaterial zuhauf.

   > Ob wir es _dort_ noch brauchen ist eine andere Frage.

   Gut, daß du das klar herausstreichst. Wir reden also bei der Büchse
   erstmal nur über ein Übergangsphänomen, ok.

Nein. Darüber will ich nur vorerst nicht streiten. 

   Wäre es nicht radikaler, "einfach" so eine Art Grundsicherung zu
   haben, wo eben das ganze Problem mit Zurechnung und Angemessenheit
   usw. schlicht unter den Tisch fällt? Das finde ich jedenfalls
   wesentlich sympathischer und für unseren Diskurs auch richtiger als
   dieses krampfhafte Festhalten an einem überkommenen und genau
   genommen schwer zu begründenden Leistungsbegriff. 

Das sind zwei Fragen. Um eine Grundsicherung wird man in einer
"Kompetenzgesellschaft" schlichtweg nicht herum kommen, wenn diese
Entwicklungsoffenheit sicher stellen will. Und zwar einen solchen
Grundstock, der nicht nur die schlichte physische Reproduktion
erlaubt, sondern auch, in einem gesellschaftlich vertretbaren Rahmen,
die Ausübung und Reproduktion von Kompetenz nach eigenem Gutdünken.
Andererseits muss die Gesellschaft auch in der Lage sein, wenigstens
so lange ihre Ressourcen beschränkt sind (als IMO immer), diese in
ausreichendem Maße auf nach allgemeiner Auffassung 'wichtige' Fragen
zu konzentrieren. Eine in diesem Sinne verstandene Fremdbestimmungs-
komponente wird auch eine GPL-Gesellschaft brauchen.  Aber das Thema
hatten wir ja vor einiger Zeit hier schon mal angeschnitten.  In dem
Sinne hat der Leistungsbegriff auch nicht unbedingt was mit Qual zu
tun.  Ich zB mache meine Arbeit gerne und freue mich trotzdem, wenn
ich ab und zu dafür explizit Anerkennung (auch materieller Art)
erfahre.

   > Hier mein Verständnis: Wenn ich was in den Wissenspool
   > _einbringe_, dann soll mein Beitrag _registriert_ werden (Dann
   > kann ich noch meinen Enkeln voll Stolz was vorweisen).

   Das ist aber eine ganz andere Liga. Du möchtest Anerkennung für deine
   Anstrengung - völlig legitim. Aber da ist die Ermöglichung deiner
   Reproduktion durch Kauf deines Produkts ja nur eine sehr magere Art
   und Weise und sicher nicht das, was du von deinen Enkeln erwartest.

Wir reden die ganze Zeit vernünftig, und hier klappt bei Dir wieder
die "Warenklappe" runter.  Wieso kaufen und verkaufen? Es wird _Buch
geführt_, nicht gehandelt. Und nicht unbedingt klein-klein, sondern
vielleicht auch nur pauschaliert. Also: wieviel Papers, wo, wie war
die Resonanz oder so ähnlich. Und nicht Alles oder Nichts.  So nach
dem Motto: Deine Lösung haben sie genommen, die Deiner Kollegin nicht,
also kriegst Du alles und sie geht leer aus. Kurz BeWERTung, aber nach
sinnvollen Maßstäben, über die noch extra zu diskutieren wäre.

   Und noch einen Schritt weitergedacht - und da würde es vielleicht
   wirklich spannend: Die Tätigkeit von allen, die sich aus der
   Grundsicherung reproduzieren, müßte per Definition wertlos sein. D.h.
   die Produkte, die so hergestellt würden, sind grundsätzlich Frei. Das
   klingt doch nett :-) .

Tja, wenn Du mir nun noch zubilligst, dass Frei != wertlos gilt,
genauer, dass zur Herstellung dieser Dinge (Produkte möchte ich sie
nicht nennen, denn es ist ja keine produktive Arbeit, in deren
Ergebnis sie entstehen) Ressourcen verbraucht wurden, also sie nicht
nur 'useful' sind, sondern auch gesellschaftlichen Aufwand
repräsentieren, der allerdings einem marktwirtschaftlich begründeten
Maß nicht vernünftig zugänglich ist, dann sind wir fast d'accord. Eben
die ontologische Dimension der Wertkategorie, die hier noch dran
gebaut werden muss, und die Du Dir mit dem Wort 'wertlos' leider
verbaust.

-- 
Mit freundlichen Grüßen, Hans-Gert Gräbe

_________________________________
Web-Site: http://www.oekonux.de/
Organisation: projekt oekonux.de



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