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Re(2): Re(2): [ox] Grundsicherung



liste oekonux.de (Stefan Merten) schreibt:
Nun, wenn dieses Phänomen Raum greift - Freie Software wird in
kapitalistischen Lohnarbeit hergestellt -, dann wäre das spannend zu
beobachten. Eine unserer Thesen lautet ja, daß die Selbstentfaltung
als letzte Produktivkraftreserve einerseits bessere Qualität erzeugt,
andererseits aber unter Lohnbedingungen nicht endgültig zu haben ist.

Je länger ich darüber nachdenke, desto zwiespältiger wird das
Phänomen. Wir müssen es auf jeden Fall im Auge behalten.

Vielleicht ist das gerade DIE Zwiespältigkeit in der Objektivität;
deswegen mein langes Sigor-Zitat. In der Tat wird es für das
Kapital immer rationeller, sich der autonom vergesellschafteten
statt der direkt subsummierten Arbeit zu benutzen - zumindest 
im Bereich der Softwareentwicklung ist das so. Sigor traut sich 
das ganze nicht als Randphänomen zu bilanzieren, sondern unmittelbar
darin den Wandel der ganzen Gesellschaftsformation wiederzuer-
kennen, auch wenn Open Source bzw. sogar Freie Software nur die
Spitze des Eisberges immenter Vergesellschaftung ist, die sich
in ihrer ganzen Tragweite im Wort "Outsourcing" ausdrückt.

Im nächsten Moment wird aber GENAU DADURCH für das Kapital
eine tödliche Gefahr, und die Beobachtung ist doch korrekt, daß
es *zunehmend nichts anderes* mehr tut, als diese Gefahr zu bannen
und zu re-proprietarisieren.

Sprich: unglaubliche Bedingungen und Einschränkungen zu erstellen, die
wiederum die autonom vergesellschaftete Arbeit behindern und unmöglich
machen. das ist dem Kapital zunehmend Hauptanliegen, die Produktion
für Versorgung ist einfach nicht mehr rentabel genug. Die läuft
auf einer Supermarktramschebene noch irgendwie weiter, aber 
in der Hauptsache wird alle Energie auf das Pokerspiel um die 
schrumpfenden Gelegenheiten der Verwertung gerichtet. DAFÜR
ist kein Einsatz zu hoch.

und das wirkt sich auch auf die Lebensverhältnisse aus, wie zitiert,
die es uns erlauben, freie Software hervorzubringen.

ich teile Deinen Optimismus nicht, daß uns die freien Ressourcen 
zur Verfügung stehen, sie werden uns haufenweise weggenommen.
Ich habe heute ein Bruchteil der Freiräume die ich vor 10 Jahren
hatte, und ich erleb das als ein allgemeines Phänomen.

Wer hat noch den Polster an freier Zeit, wer noch den Garten, wer
noch die Kapazität der Organisierens, die Deine Beispiele voraus-
setzen?

Deswegen mein Appell, daß wir uns die Bedingungen zunehmend 
AUSSERHALB der Marktsphäre als vernetzte genossenschaftliche 
Produktionszusammenhänge ohne Verwertungszwang autonom selber
schaffen müssen - und gleichzeitig INNERHALB der Marktwirtschaft
genau das tun müssen was Du mit deinem Chef vorhast: bewußt jede
Chance der Vergrößerung des nichtproprietären Bereiches wahrnehmen.

Nur wenn wir uns Einkommens- und Existenzzwänge durch zunehmde
gemeinsame bewußte Senkung der Lebenshaltungskosten wieder
wegschaufeln, haben wir eine Chance den Boden zu finden, auf dem auch
alles das wieder entstehen kann, was sich heute nicht mehr rentiert,
für die Durchsetzung und den Siegeszugs des Prinzips freier Software
aber unabdingbar ist. Grundlagen einer gemeinsamen Entwurfssprache,
Theorie der Kooperation, Enzyklopädie der Kulturellen Bausteine,
steuerbare Universalmaschine (findet Ihr es nicht pervers, daß
Sony einen Butler baut, während der Nanoreplikator eine ferne
Utopie bleibt???)

Einschub: Grundsicherung wird dann so eine erfeuliche Nebentatsache
sein, daß wir sie für nicht der Rede wert halten.

Und im übrigen freue ich mich über den morphogenetischen Aspekt
der von der Oekonux-Liste, Konferenz etc. ausgeht. Open Theory
war da extrem wichtig, die Konferenzidee ebenso.

Was mir als nächstes einfallen würde: eine Börse für OS Hardware-
Projekte. gibt es da was?

Franz



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Web-Site: http://www.oekonux.de/
Organisation: projekt oekonux.de


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