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Re: [ox] Artikel zur Debatte um Urheberrecht



Hallo, Hans-Gert!

On Die, 27 Feb 2001, Hans-Gert Graebe wrote:
Thomas Uwe Gruettmueller (Mon, 26 Feb 2001) schreibt

Ich möchte die VGs auf keinen Fall absäbeln; eine Beschränkung
auf ihren eigenen Zuständigkeitsbereich möchte ich aber wohl
fordern: Solange es nicht möglich ist, in einen beliebigen
Copy-Shop zu gehen, ein Buch zu kopieren und sich dann an der 
Kasse unter Vorlage einer vom Autor eingeräumten entsprechenden 
Lizenz die VG-Wort-Gebühren vom Preis abziehen zu lassen, läuft
m.E. etwas verkehrt.

Genau ein solches pauschaliertes Verfahren ist aber Sinn der VG
Wort: Nicht die Lizenzlage jedes einzelnen Werks zu verfolgen.

Der Sinn der VG Wort ist, die vielfältigen Vergütungsansprüche von 
Schriftstellern gemäß UrhG geltend zu machen. Das oben angesprochene 
Verfahren speziell dient zum Eintreiben der Vergütung aus der 
"Vergütungspflicht für Vervielfältigung im Wege der Ablichtung" (s. 
§54a). Die Höhe dieser Vergütung ist gesetzlich nicht vorgeschrieben; 
die dem Gesetz anhängenden Sätze gelten nur, wenn nichts anderes 
vereinbart wurde (s. §54d). Dies ist anders als bei den Vergütungen 
nach §§20b oder 27, auf die der Urheber nicht verzichten kann.

Die Lizenzlage jedes einzelnen Werks nicht einzeln zu verfolgen, 
macht in der heute noch normalen folgenden Situation durchaus Sinn:

1. Der Eigentümer eines Vervielfältigungsstückes eines 
   urheberrechtlich geschützten Werkes bekommt im Regelfall vom Autor
   keinerlei Rechte eingeräumt; ebenso der Betreiber eines Copy-Shops.

2. Der oben genannte Eigentümer des Vervielfältigungsstücks hat aber
   das Recht, "Vervielfältigungen zum privaten und sonstigen eigenen
   Gebrauch" (s. §53) vorzunehmen. (Lustigerweise erwachsen aus
   dieser Zwangslizenz aber nicht Ansprüche gegen den Kopierenden,
   sondern gegen den Hersteller der Kopiergeräte und Medien (s. §54),
   sowie gegen den Betreiber der Kopiergeräte.)

3. Gewöhnlich räumt ein Urheber dem Betreiber eines Copy-Shops oder
   dem Hersteller oder Händler von Kopiergeräten und Medien kein 
   Nutzungsrecht ein.

Von dieser situation ausgehend erscheint die Pauschalisierung 
durchaus gerechtfertigt.

Die Situation ist aber eine grundlegend andere, wenn ein Autor sein 
Werk unter der GPL oder GFDL (schon durchgelesen?) lizensiert. 
Hierbei wird jedem (zumindest in der GFDL steht das sehr deutlich: 
"Any member of the public is a licensee") neben diversen anderen 
Rechten das Recht eingeräumt, 1:1-Kopien anzufertigen (s. GFDL, 
Punkte 2 und 3, sowie GPL, Punkte 1 und 3). 

Dieses Recht wird in der jeweiligen Lizenz ohne finanzielle 
Gegenleistungsforderung gewährt. 

(BTW: Bei meiner Argumentation sind zwei Punkte m.E. nicht ganz 
wasserdicht; mal gucken, ob du die rausfindest. Klären kann diese 
Punkte aber nur ein Anwalt. Gibt es hier vielleicht einen solchen auf 
der Liste?)  

| Compulsory licensing. ...

Das ist doch genau, was die VGs machen sollen; Vergütungen für
Zwangslizenzen eintreiben, oder?

Das hast du nicht beantwortet. 

Wo ist dann der Sinn einer VG, wenn bei einem Werk bereits
*jedem* ein einfaches Nutzungsrecht eingeräumt wurde?

Im Eintreiben und Austeilen der 'royalty rate'.

Schade, daß du den nachfolgenden Satz weggelöscht hast...

Noch mal: 

o Vergütung (= royalty) gibt es auf Zwangslizenzen (außer nach §§ 20b
  und 27 Urhg). (richtig oder falsch?)

o Zwangslizenzen braucht man nur, wenn man noch keine richtige Lizenz
  hat. (richtig oder falsch?)

o Demnach gibt es keine Vergütung (außer nach §§ 20b und 27, Urhg), 
  wenn schon eine richtige Lizenz vorliegt. (richtig oder falsch?)

Mit welchem Recht kassiert eine VG in diesem Fall aber dennoch eine 
Vergütung?

Nenn es von mir aus Kopierersteuer oder wie auch immer.

Ich nenne das "Vergütung". Das ist für alle am einfachsten.

Der Unterschied zu einer Steuer
liegt nicht im Eintreiben, sondern Austeilen. Sie landet nicht im
allgemeinen Topf, aus dem sich die Aliens

Es tut mir echt leid, daß meine Allgemeinbildung nicht in sämtlichen 
Punkten über gängige Lexika und Fremdwörterbücher hinausweist, was du 
mir hiermit abverlangst; ähm, was bitte verstehst du unter "Aliens"?

Meines Wissens werden Steuern zum Betrieb gemeinnütziger 
Einrichtungen wie Schulen und Krankenhäusern und Leistungen wie 
Sozialhilfe und Kindergeld erhoben, leider aber auch zu solch 
unsinnigen Dingen wie Rüstung oder zur Tilgung von (noch immer nicht 
per Gesetz für ungültig erklärten) Staatsschulden.

Daß sich aus dem Steuertopf aber Außerirdische "nach Belieben bedienen
können" sollen, ist mir noch nicht zu Ohren gekommen, und erinnert 
mich auch irgendwie stark an verschwörungstheoretische Irrlehren oder 
Filme wie "Sie leben".

nach Belieben bedienen
können, sondern in einem mit _etwas_ spezielleren
Zugriffsregelungen. Die wieder näher (Komparativ!) am Gebrauchswert
liegen.

In diesem Punkt haben wir offensichtlich grundlegend andere 
Auffassungen. Du willst Zugriffsregelungen, die möglichst nahe am 
Gebrauchswert liegen? Fein. Was ich will ist auf lange Sicht ein 
völliger Wegfall jeglicher Zugriffsregelungen aufgrund eines zu 
erzielenden quantitativen Überflusses an Gütern mit extrem hohem 
Gebrauchswert.

Tschüß,
Thomas
 }:o{#


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Organisation: projekt oekonux.de


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