Re: [ox] Wie steht es mit der Uebertragbarkeit?
- From: Thomas Uwe Gruettmueller <sloyment gmx.net>
- Date: Tue, 7 Aug 2001 09:31:01 +0200
Hi, Stefan und alle!
On Thursday, 26. July 2001 00:29, Stefan Merten wrote:
2 weeks (16 days) ago Thomas Uwe Gruettmueller wrote:
1. Die rechtliche Seite
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Bei freier Software sind durch Verzicht auf das Copyright
oder Lizensierung an alle, sowie durch die Einhaltung
bestimmter Dinge (Sourcecode usw.) bestimmte Bedingungen
(Definition der FSF oder DFSG/OSD) erfüllt, wodurch Software
zu freier Software wird.
Eine Übertragung auf andere Bereiche bestünde darin,
zunächst eine Definition aufzustellen, was "frei" bedeuten
soll. Bei Musik treten z.B. solche Fragen auf wie: "Ist der
Source Code ein sinnvolles Kriterium?" oder "Was ist mit
öffentlicher Aufführung und Sendung?"; die meisten Punkte
sollten sich aber aus dem Softwarebeireich 1:1 übernehmen
lassen. Als nächster Schritt käme dann eine Copyleft-Lizenz
und ein paar erste freie Werke.
Zerfällt das nicht eigentlich nochmal in zwei Punkte? Als ein
Punkt die Lizensierungsfrage - klar.
Ja.
Aber der zweite Punkt ist mir eigentlich sogar der
spannendere: Was wäre in den verschiedenen Bereichen
eigentlich das je spannende was Frei sein sollte? Hier wäre
vermutlich zu untersuchen, welche (Roh-)informationen (um es
mal auf Informationsgüter zu beschränken)
(das sowieso -- zumindest in Punkt 1)
wann benutzt würden
und was eine BeFreiung jeweils bringen könnte. Deine auf die
Musik bezogene Frage deutet das ja schon an.
Das zerfällt allerdings auch nochmal in zwei Teile:
1. Was soll alles erlaubt werden?
Bei Software verbietet das Urheberrecht by default nur das
Kopieren, Verändern und Verbreiten. Bei anderen Werksformen
(z.B. bei Musik) kommt noch einiges anderes (z.B. persönliche
Darbietung oder Funksendung) hinzu. Dies führt zu drei möglichen
Antworten:
A) genauso viel (also Kopieren, Verändern und Verbreiten)
B) weniger (z.B. nur nichtkommerzielle Verbreitung oder keine
Veränderung)
C) mehr (oder besser: alles)
Als ich letztes Jahr angefangen habe, über freie Musik
nachzudenken, war ich für Antwort A, da mir der o.g. Sachverhalt
nicht aufgefallen war. Inzwischen bin ich für C, da die Dinge,
die dadurch zusätzlich eingeräumt werden, bei freier Software
selbstverständlich sind. Leider gehen aber viele Überlegungen zu
freier Musik eher in Richtung B.
2. Welche "Gegenleistungen" wären denkbar?
2.1. Ein Copyleft, d.h. die Forderung nach Freiheit der
Derivate, wäre bei Musik viel schwerer zu implementieren, da es
viel mehr Möglichkeiten gibt, das Werk unfrei zu machen.
Generell aber sinnvoll.
2.2. Die Forderung nach Weitergabe des Sourcecodes ist womöglich
bei Musik zu streng. In Teilbereichen mag das ja sinnvoll sein,
z.B. bei Trackermusik...
# ein Musik-Compiler in Aktion ;o)
xmp source.xm -o tmp.raw
oggenc --raw tmp.raw -o binary.ogg
rm tmp.raw
...aber nicht für Musik generell; und selbst da, wo es Sinn
macht, ist es m.E. eine Zumutung, für die Weitergabe eines 4 MB
großen OGG noch die eines 20 MB großen XM zu verlangen.
2. Die Motivation zur Arbeit an freier Software
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Freie Software entsteht aus verschiedener Motivation
heraus:
o aus Überzeugung (Huhu, GNU-Leute!)
o aus Spaß am Programmieren (Huhu, Linus T.!)
o gegen Belohnung (Hacken als Dienstleistung o.ä.)
Interessant ist dabei, daß die ersten beiden Punkte stark
überwiegen.
Aus Überzeugung oder gegen Belohnung kann jegliche Arbeit
ausgeführt werden, aus Spaß jedoch nur solche, die
eine Herausforderung darstellt oder künstlerischen
Charakter hat. Eine Übertragung des Spaßmotivs setzt also
einen bestimmten Typ Arbeit voraus.
Ein ganz wichtiger Punkt. Insbesondere deswegen, weil darin
die wesentliche Attraktivität einer GPL-Gesellschaft liegt.
Mir schießen noch die Begriffe "Verantwortung" und
"Notwendigkeit" durch den Kopf. Ich kann für Freie Software -
oder dieses Projekt hier - - auch aus einem
Verantwortungsgefühl heraus tätig werden / mich anstrengen.
Das mein ich doch mit "aus Überzeugung".
OK, Umbenennung erfolgt in "aus politischer Verantwortung",
und aus "gegen Belohnung" wird "zum eigenen Vorteil".
Ähnliches gilt für die Beseitigung eine Notwendigkeit.
Ich finde, der Punkt verteilt sich auf "aus politischer
Verantwortung" und "zum eigenen Vorteil".
Well, irgendwie finde ich, daß alles - Verantwortung,
Notwendigkeit, Spaß, Überzeugung - sich ganz gut unter dem
Begriff Selbstentfaltung subsumieren läßt.
Vielleicht ist dann der Begriff zu ungenau.
Wichtig ist mir, daß nicht immer beides, Spaß *und* politische
Verantwortung, angesagt sein muß, sondern daß im Extremfall auch
eins davon komplett wegfallen kann.
Als dritten Extremfall möchte ich, der Vollständigkeit halber,
noch den Fall mitdabeihaben, daß freie Software aus völlig
anderen Motiven heraus programmiert wurde, d.h. wahrscheinlich
zum eigenen Vorteil des Programmierers. Denk mal z.B. an
Software, die im Nachhinein erst frei wurde, z.B. Mozilla, Open
Office, Qt, 1st WordPlus...
3. Projektorganisation
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Hierunter fallen die kulturellen Dinge, die mit GNU/Linux
gewachsen und teilweise entstanden sind und Entwicklern
und Anwendern das Leben erleichtern, z.B. "Release early,
release often", CVS, Mailinglisten, User Groups usw.
Hier wäre nochmal genauer zu kristallisieren, was da
eigentlich wichtige Aspekte sind.
Ich denke, daß alle aufgezählten Sachen wichtig sind. Die Liste
ist jedoch nicht vollständig; z.B. ist noch wichtig, daß es bei
Software einen Quasi-Standard für die Entwicklung gibt, nämlich
C/C++. Etwas vergleichbares sucht man andernorts, z.B. im
CAD-Bereich, vermutlich bisher vergeblich.
Aber wie gesagt:
Diese Dinge sollten sich leicht übertragen lassen und
allenfalls technische Probleme (Komponieren über CVS???)
hervorrufen.
So... und nun weiter mit Re: Materielle Produkte
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