Message 04119 [Homepage] [Navigation]
Thread: oxdeT03800 Message: 13/22 L9 [In index]
[First in Thread] [Last in Thread] [Date Next] [Date Prev]
[Next in Thread] [Prev in Thread] [Next Thread] [Prev Thread]

Re: [ox] Re: Leitfrage zu Open Music



Hallo Petra und Mitleser,

On Wed, Nov 28, 2001 at 05:50:46PM [PHONE NUMBER REMOVED], Petra Wagner wrote:
nach langer Zeit versuche ich endlich mal ein  reply. 

Und ich brauch noch lönger für eine Antwort, sorry.

Es sind aber mehr
Fragen als Antworten und 

Fragen sind ja meist sowieso aufschlussreicher als Antworten ;-)

irgendwie passt das alles nicht mehr zum
Thread, sorry.

Wieso? Passt schon. 

mehr zu dieser neuen Kultur passt. Kunst verlangt vom Konzept her
Selbstverwirklichung und nicht Selbstentfaltung, also eine
individualistische Entwicklung von "Talenten" und nicht eine gemeinsame
Entfaltung von Fähigkeiten.

ich sage jetzt mal ganz ehrlich: ich verstehe ueberhaupt nicht, was du
damit meinst.
Erklaer mal.

Hm. Der Begriff "Selbstentfaltung", wie er hier auf der Liste gebraucht
wird, ist Dir geläufig? Ansonsten findest Du dazu und zu anderen
Oekonux-typischen Begriffen eine Erklärung unter
http://co-forum.de/index.php4?OekonuxWasIstWas

Selbstentfaltung wird hier meist als ein Prozeß verstanden, der immer die
Selbstentfaltung der Anderen unmittelbar vorraussetzt. Anders als
"Selbstverwirklichung", die auch in Konkurrenz vorstellbar ist. Das Konzept
stammt wohl ursprünglich aus der "kritischen Psychologie".

Was ich jetzt sagen wollte, ist dass die "neue Kultur" von der ich zu
sprechen versucht habe eben eine der Selbstentfaltung sein muss und dass das
Recht auf Plagiat vielleicht ein Punkt sein könnte, an dem sich diese
Selbstentfaltungskunst von einer Selbstverwirklichungskunst unterscheiden
könnte.

"Talente" hab ich erwähnt, weil darin meiner Meinung nach so eine
bürgerlich-individualistische Sicht deutlich wird.

Erst wenn wir beginnen zu begreifen, dass die Ideen von anderen uns nicht
einschränken, sondern die Bedingung unserer Ideen sind - und zwar nicht nur
im Sinne von Inspiration, sondern wirklich und unmittelbar - kommen wir
diesem neuen Verständnis von Kultur vielleicht nahe und damit auch einem
neuen Verständnis von Subjektivität - das nur um klar zu machen, warum ich
da so drauf rum reite.

Meinst du jetzt, dass es mir als Kuenstlerin bewusst sein soll, dass
das, was ich tue
nur ganz marginal von mir selbst ist sondern im Grunde genommen das
Produkt ein gesamtgesellschaftlichen
kulturhistorischen Prozesses? 

Auch, aber das wovon ich spreche würde noch darüber hinaus gehen, da es auch
den Prozeß in dem Kunst entsteht beinhalten würde. Wenn man das ernst nimmt,
bedeutet es ja auch, dass alleine im stillen Kämmerlein Kunst zu machen,
zumindestens nicht die optimale Lösung ist. Natürlich gab es solche Momente
schon immer. Künstlerschulen, etc. sind ja keine neue Erfindung. Trotzdem
bleibt der Bezugspunkt immer das geniale Individuum, dass ein "Werk"
erschafft um ewigen Ruhm zu finden.

Weil ich es genau so haben wollte wie es da nun mal ist - und weil ich
schrecklich eitel bin und mich teilweise auch ueber das definiere, was
ich geschaffen habe.

Genau. Das ist der Punkt. Deswegen hat Kunstverständnis soviel mit Identität
und mit Subjektivität zu tun.

Und diese Art der Identitaetsfindung findest du problematisch? 

Nein. Ich finde nur problematisch, dass als Kunst zu verstehen, die auch für
andere interessant ist und das ist es ja letzten Endes, wenn wir etwas das
Label "Kunst" verpassen. Das ist ein "wichtig"-Schild. 

Weshalb ICH auf diesem Punkt so herumreite ist folgender: Ich bin der
Ansicht, dass zu einem bestimmten Zeitpunkt geschaffene Kunst ein
durchaus schuetzenswertes Gut darstellt. 

Ja, das sowieso.

Nur bin ich
gegen so etwas wie demokratische Abstimmung hinsichtlich des
kuenstlerischen Wertes bestimmter Kunstwerke - was nicht gefaellt oder
wir alle sowieso besser koennen, duerfte eine jede dann einfach loeschen
und nach eigenem Gusto ersetzen? Es gibt ja durchaus Kunstwerke, die
inhaerent schon auf eine Interaktion zwischen Kunstschaffenden und
Kunstkonsumierenden setzen und die Konsumenten an der Werkentstehung
teilnehmen lassen (viele Installationen beispielsweise). Aber sind das
die einzig "waren" oder "guten" Kunstwerke? Solche Gedanken finde ich
gefaehrlich.

Das mit der Interaktion ist sicherlich eine erste "Keimform" der neuen
Kultur, ähnlich wie vielleicht auch Künstlerkolonien oder sowas. Ich rede
auch nicht davon irgendwas zu löschen oder zu ersetzen. Ich rede nur davon,
was an Kunst vielleicht noch interessant sein könnte und was nicht.

Grüße, Benni
________________________________
Web-Site: http://www.oekonux.de/
Organisation: projekt oekonux.de


[English translation]
Thread: oxdeT03800 Message: 13/22 L9 [In index]
Message 04119 [Homepage] [Navigation]