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[ox] Maintainership-Konflikte jenseits von Software (was: Re: [ox] Historisch-spezifische Bedingungen fuer FS)




Hi Stefan, hi Liste,

nachdem ich auf der englischen Liste schon etwas mitdiskutiert habe,
melde ich mich auch mal hier :-)

Stefan Merten schrieb:
Ja, würde es. Aber bei Freier Software steht es jedem prinzipiell
frei, seinen eigenen Laden auf exakt der bisher erreichten Grundlage
aufzumachen. Niemensch könnte real verhindern, daß es z.B. parallele
oder sogar konkurrierende Entwicklungen gibt - siehe KDE / Gnome.

Ich hab' den Eindruck, das könnte ein Knackpunkt für die Übertragung der
Prinzipien freier Software auf die materielle Welt sein. Ein freies
Softwareprojekt zu forken ist ja technisch wirklich einfach (vor allem
in Sourceforge-Zeiten-- mal sehen, wie das in der post-Sourceforge-Ära
wird...). Wenn ich aber, sagen wir mal, eine Schule/Uni mache, und
Probleme damit habe, wie die Dinge laufen, kann ich ja nicht so einfach
eine neue aufmachen: ich bräuchte ja zumindest mal einen Raum, und
möglichst auch Ausstattung (Bücher, Computer usw.). In der
GPL-Gesellschaft mag das einigermaßen gehen (zu genau müssen wir das
wohl nicht ausstricheln, das wird sonst Utopismus), aber auf dem Weg dahin?

Ich versuche mal, mir das an dem Beispiel vorzustellen. Wir haben da
also eine "freie Schule/Uni" (free as in speech and free as in time ;-))
und verschiedene Leute mit ziemlich verschiedenen Zielen. Hmm... erst
mal ja noch kein Problem: wenn sie sich gegenseitig respektieren, können
sie ja auch mit unterschiedlichen Zielen und auf unterschiedliche Weise
zusammenarbeiten. Es wird ja z.B. keins gezwungen, sich irgendwelche
Veranstaltungen anzutun, die es blöd organisiert findet.

Aber es ging ja um das Problem mit der MaintainerIn. Also, nehmen wir
an, es gibt eine Person die sich darum kümmert, dass es ein ausgewogenes
Angebot gibt, also Leute anspricht: Hör mal, zu dem Thema hier gibt's
gar nichts, willst du nicht...? OTOH: Das würde sich wahrscheinlich
ziemlich von selbst regeln. Okay, nehmen wir die Raumverteilung. Wer
macht was wann und wo? Dafür braucht's wohl eine MaintainerIn, zumindest
wenn es nur begrenzt viel Platz gibt und der irgendwie aufgeteilt werden
muss. (Schließlich soll auch nicht so viel Raum zur Verfügung stehen,
dass drei viertel permanent leer stehen und das ganze Haus total leer
wirkt-- blöde Atmosphäre sonst.)

Wie wird das RaummaintainerIn Maintainer? Vermutlich dadurch, dass es
sagt, "ok, ich mache das." Wenn mehrere Leute mitmachen wollen, machen
sie's zusammen. Wenn keins es macht, machen es alle, d.h. irgendwer wird
wohl alle paar Monate ein großes Pow-wow organisieren, wo die Probleme
gemeinsam bequatscht werden. Oder eine Webseite.

Das Problem, auf das du (StefanMn) anspielst, würde ja dann auftreten,
wenn das RaummaintainerIn 'verrückt' wird und versucht, Macht auszuüben.
Über die Raumverteilung entscheiden zu können, ist ja potentiell ein
Machtfaktor: die Leute, die ich nicht mag, kriegen entweder die Räume
ohne Fenster oder müssen schon um halb acht morgens kommen, und wer sich
mir widersetzt, das kriegt gar keinen Raum ("sorry, aber das ging jetzt
echt nicht", betont bedauerndes Grinsen).

Aber andererseits: die Macht ist nur Macht, wenn die anderen auf sie
hören. Im Beispiel ist das MaintainerIn ja nicht gewählt, hat also auch
keine automatische Macht; wenn die Gruppe nicht ok findet, was es tut,
braucht sie sich ja nicht daran zu halten. Ich glaube, das trifft
ähnlich auf viele (materielle wie immaterielle) Leitungsaufgaben zu:
wenn uns die Entscheidungen nicht passen, brauchen wir ja gar nicht
wegzugehen, wir hören einfach nicht auf sie (zumindest wenn die Gruppe
mehrheitlich nicht mit ihnen einverstanden ist).

Wenn es jetzt zwei verschiedene Gruppen mit verschiedenen Vorstellungen
über die Raumverteilung gibt, was passiert? Nehmen wir an, die Fronten
haben sich ziemlich verhärtet, es ist einfach keine Basis für einen
Kompromiss zu finden, der Punkt ist erreicht, wo wir in einem FS-Projekt
forken würden. Wenn man sich noch riechen kann, könnte das Gebäude
zwischen den Gruppen aufgeteilt werden (räumlich und/oder zeitlich).
Dann hätte man eine andere, niedrigere Ebene, auf der ein Kompromiss zu
finden wäre, der dann hoffentlich leichter ist. 

Wenn's immer noch nicht klappt und die Atmosphäre unter den Differenzen
erheblich leidet, müsste aber doch eine Alternative gefunden werden...
zusammenlegen und ein zweites Gebäude mieten/kaufen, in das dann eine
der Gruppen umziehen kann... irgendwie so was. (Hm, das klingt ja wie
ein im Konsensverfahren ausgehandelter Scheidungspreis... das Eisen
fasse ich lieber nicht an ;-))

Hm, alles ziemlich im Entstehen begriffen. Sind die Überlegungen hier
verallgemeinerbar für "materielle Maintainerschaft?"

Grüße,
- Benja
________________________________
Web-Site: http://www.oekonux.de/
Organisation: projekt oekonux.de


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