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Re: Re: [ox] Fwd: Werthaltigkeit von Informationsguetern



* Casimir Purzelbaum <quasi utopix.net> [2003-09-14 13:16]:
Ref.: 	«Re: [ox] Fwd: Werthaltigkeit von Informationsguetern»
 		Stefan Meretz 	(2003-09-13, 09:08:34 +0200, KW 37/2003)

 > On Saturday 13 September 2003 05:29, Holger Weiss wrote:

 >> Wie auch immer, wenn es bei Marx um "Wissen" geht, dann AFAICS immer um
 >> frei verfuegbares Wissen, um "Freie Software". _Dieses_ Wissen dient
 >> schon immer als kostenlose Ressource der Produktion. Ich sprach aber
 >> ausschliesslich von proprietaerem Wissen, also von Software oder
 >> sonstiger Information, die nicht kopiert werden kann oder darf. _Diese_
 >> unterscheidet sich bezueglich der (Re-)Produktion ihres Tauschwerts
 >> m.E. qualitativ nicht von einem Toaster.
 >
 > Das würde bedeuten, dass allein die Rechtsform - um eine andere
 > Unterscheidung geht es hier nicht - bestimmt, ob ein Produkt kostenlose
 > Ressource oder Ware ist. ...

Vielleicht hilft es, hier zwischen der Erzeugung des Werts und der
Realisierung des Werts zu unterscheiden. Wert wird erzeugt, wenn in
der Produktion Arbeitskraft verwertet wird. (Ein Produkt, daß keine
Ware ist, entsteht hingegen in der Produktion, wo Arbeitskraft zwar
einfließt bzw. verausgabt, aber nicht verwertet wird.) Ob bzw. wie
sich der erzeugte Wert durch Verkauf realisieren läßt, spielt dafür
keine Rolle, ob das Produkt Wert enthält. Wenn das Produkt durch
Verwertung von Arbeitskraft zustande gekommen ist aber nicht auf den
Markt kommt bzw. nicht verkauft wird, dann ist es zwar auch keine
Ware, hat aber trotzdem Wert.

Hm, schwierig. Erstmal: Um das Problem zu loesen, braucht man die Ebene
des Kapitals nicht. Die Frage ist einfach: "Handelt es sich bei (einem
bestimmten) Wissen um eine Ware?", sie bewegt sich also auf der Ebene
der einfachen Warenproduktion. _Wenn_ es eine Ware ist, laesst sich
ueber deren Produktion natuerlich Kapital verwerten, wenn nicht, dann
nicht, aber das ist nicht der Streitpunkt. Tauschwert wird schon
erzeugt, wenn in der (arbeitsteiligen Privat-)Produktion (gesellsch.
notw.) Arbeit verausgabt wird. Nicht erst, wenn die Arbeitskraft selbst
als Ware gekauft und der ueber ihre Arbeit produzierte Wert vom Kapital
angeeignet werden (und sich das Kapital auf diese Weise verwerten) kann.
Das nur, um die Frage sauber einzugrenzen.

Zu Deinem eigentlichen Punkt (Erzeugung versus Realisierung des Werts):
Es ist wichtig, im Auge zu behalten, worum es sich beim "Wert"
eigentlich handelt. Es ist ein gesellschaftliches _Verhaeltnis_, welches
die quantitativen Austauschverhaeltnisse von privat und arbeitsteiligt
produzierten _Waren_ regelt. Es ist also keine natuerliche Eigenschaft
eines Produkts. Daher sind Aussagen der Form "wenn [...], dann ist es
zwar auch keine Ware, hat aber trotzdem Wert" problematisch. Kein
Produkt hat an sich einen Wert, sondern der Wert regelt die
Austauschverhaeltnisse des _als_ Ware hergestellten Produkts, keines
anderen Produkts.

Was heisst das nun fuer uns? ;-) Wenn ich Dich richtig verstanden habe,
war Deine Idee: In der Softwareproduktion wird in jedem Fall Tauschwert
erzeugt, ob er sich _realisieren_ laesst, sei dann eine zweite Frage,
die (u.a.) davon abhaengt, ob ich meine Software verkaufe oder als Freie
Software weggebe. Im Einzelfall kann ich natuerlich tatsaechlich ein
Stueck Software produzieren und mir _danach_ ueberlegen, wie ich es
vertreibe und lizensiere. Im Allgemeinen wird man dem Phaenomen "FS" auf
diese Weise aber sicher nicht gerecht, jedenfalls nicht, wenn man sich
Projekte anschaut, die laengst lizensiert sind und die weiterentwickelt
werden. Hier muss man sich die Seite der Produktion anschauen. Es
handelt sich ganz eindeutig _nicht_ um private, auf Tauschwert
ausgerichtete Produktion, es ist von vornherein gar nicht moeglich, das
Produkt als _Ware_ zu vertreiben. Daher wird hier m.E. "Wert" gar nicht
erst produziert, und nur deshalb _kann_ er nicht realisiert werden.
Umgekehrt wird im Fall von proprietaerer Software privat fuer den
Austausch produziert, es wird, wie bei jeder anderen Ware auch,
gesellsch. notw. Arbeit verausgabt, _deshalb_ kann Tauschwert realisiert
werden.

Insofern war meine Zustimmung zu Stefans Aussage, dass (wenn ich Recht
haette) "allein die Rechtsform" ueber die (Nicht-)Warenfoermigkeit eines
Produkts entscheiden wuerde, auch problematisch. Die Rechtsform faellt
dem fraglichen Produkt ja nicht rein zufaellig zu, sondern i.A. ist die
Produktion von Anfang an darauf ausgerichtet.

Holger

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