Re: [ox] Die sinkenden Grenzkosten der Information
- From: Hans-Gert Gräbe <graebe informatik.uni-leipzig.de>
- Date: Fri, 28 Oct 2005 18:07:41 +0200
Hallo Franz,
langsam arbeite ich mich durch den Berg der Mails durch, bin aber immer
noch vor meinem Wien-Besuch bei dir. Aber trotzdem:
Franz Nahrada wrote:
"Gestaltungsanspruch" klingt mir zu traditionell, zu theoretisch; es
ist so wie "Meinung", eben die in der Demokratie zugelassene
folgenslose Kundgabe des abstrakt freien Willens.
Ich verwende das sehr dezidiert gerade im Sinne der cc-Thesen (vor allem
der Emnazipationsthese 17, die ich schon in anderem Kontext hatte):
Etwas zu gestalten ist ein Anspruch im Sinne eines positiven
Freiheitsrechts (wie bei Karsten Weber, siehe dessen Text zur Chemnitzer
Konferenz), d.h. er beinhaltet einen eigenen Anspruch an die
Gesellschaft, die Bedingungen für die Realisierung eines solchen
Anspruchs vorzuhalten. Und umgekehrt kann die Gesellschaft
Verantwortlichkeit fordern, wenn ich einen solchen Anspruch realisieren
möchte und dafür die Möglichkeiten bekomme. Es ist derselbe Prozess der
Sozialisierung von Arbeit wie im Kapitalismus, jedoch nicht so sehr auf
die Herstellung von Gütern gerichtet, sondern auf die Herstellung von
Verkehrsformen - eben der "Anspruch, ein Stück Gesellschaft selbst zu
gestalten".
Jeder soll mit einem "Gestaltungsanspruch" herumrennen, dem liegt
schon immer zugrunde daß angesichts verschiedener "Ansprüche" das
Recht und die Staatsgewalt dazwischenfahren müssen, der "Anspruch"
eben nichts praktisches hat.
Der Anspruch ist nur kollektiv - genauer kooperativ - zu denken.
Da gefiele mir "Gestaltungskompetenz" schon viel besser!
Die ist die (individuelle) Voraussetzung für die Realisierung des Anspruchs.
Viele Grüße, HGG
--
Prof. Dr. Hans-Gert Graebe, Inst. Informatik, Univ. Leipzig
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