"Im Grunde aber sind wir alle kollektive Wesen, wir mögen uns
stellen wie wir wollen. Denn wie weniges haben und sind wir, das
wir im reinsten Sinne unser Eigentum nennen! Wir müssen alle
empfangen und lernen, sowohl von denen, die vor uns waren, als
von denen, die mit uns sind. Selbst das größte Genie würde nicht
weit kommen, wenn es alles seinem eigenen Inneren verdanken
wollte. Das begreifen aber viele sehr gute Menschen nicht und
tappen mit ihren Träumen von Originalität ein halbes Leben im
Dunkeln. ... Es ist im Grunde auch alles Torheit, ob einer etwas
aus sich habe oder ob er es von anderen habe; ob einer durch sich
wirke oder ob er durch andere wirke: die Hauptsache ist, daß man
ein großes Wollen habe und Geschick und Beharrlichkeit besitze,
es auszuführen; ..."
JohannWolfgangvonGoethe (Johann Peter Eckermann, Gespräche
mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens, Berlin und
Weimar, 1982, S.662 ff.)