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Re: [ox] P/P und T. Veblen



Hallo Stefan,

Am Freitag, 26. Mai 2006 03:50 schrieb Stefan Seefeld:
Jac wrote:
Würdest Du die Realität sehen, dann müßtest Du ja wissen, wo das Geld
mancher Fonds herkommt, die da die Unternehmen zwingen, Leute zu
entlassen, um die Anlagegewinne zu maximieren. Dann wußtest Du, daß
dies die Rentenkassen z.B. von Ing.-Leuten aus den Staaten sind, die ihre
Gewinne maximieren wollen, um den Ing.-Leuten aus den Fond-Gewinnen
hohe Altersrenten zahlen zu können.

Du wüsstest dann auch, daß Deutschland Schlußlicht bei den Aktien- und
Firmenanteilen der Arbeiter und Angestellten an ihren Unternehmen ist,
daß jedoch z.B. in Frankreich 85 % aller Arbeiter und Angestellten an
ihren Un- ternehmen beteiligt sind, Dividenden und Gewinnbeteiligungen
erhalten. Du wüßtest, daß es reine Prods gar nicht gibt, sondern daß die
Unterscheidung zwischen diesen Klassen schon dadurch verschwimmt, daß
Prods immer mehr zu absentee owners werden und man dies nicht mehr auf
eine Klasse eingrenzen kann.

Oder besser: dass ein Modell, in dem Preds und Prods als Klassen
erscheinen, die Realit"at unzureichend beschreibt, d.h. dass zur Zuteilung
in Klassen die falschen Observablen herangezogen werden.

Richtig. Der soziologische Klassiker Veblen, auf welchen sich die P/P Theory
beruft, verfaßte seine Texte um 1914(!) und starb 1923 (!), als man noch
zwischen absentee owners (Bourgeoisie oder Preds) und Proletariat (Prods) 
klar unterscheiden konnte, der New Deal und die Einbeziehung des Proletariats 
in die Konsumentenschichten noch kein Massenphänomen aller industriali-
sierten Länder war.  In Europa wurden die Arbeiter erst in den fünfziger Jah-
ren zu umworbenen Konsumenten und bald darauf ab den Siebzigern selbst
im steigenden Umfang zu absentee owners.

Heute kreist die Konkurrenz der Firmen um die Frage, wie man dem Druck
der Rationalisierung widerstehen und massiven Arbeitsplatzabbau vermei-
den kann, da selbst den Industrieverbänden klar ist, daß dies zu massiven
Kaufkraftverlusten führt. Wenn der Gründer von Apple auf die Frage, wie 
viele Leute er wirklich für seinen Betrieb bei voll durchgesetzter Rationali- 
sierung bräuchte, die Zahl 5 nennt, gleichzeitig jedoch ca. 10 000 Men-
schen weltweit für Apple arbeiten, bekommt man einen Eindruck, wie 
schwerwiegend das Problem ist. Hier ist es der Staat, der Arbeitsplätze
schafft, indem er in einigen Ländern schon über 50% aller Beschäftigten
überhaupt in seinen Verwaltungen einsetzt.

Gruss,
Jacob

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