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Hallo Franz,

Du bist ein Nachtaktiver, oder? kam um 03:00 Deine Mail....

also:

"hat schon Norbert Wiener gewusst:

1948 schreibt er in "Kybernetik"

"Es kann nicht gut sein, diese neuen Kräfteverhältnisse in den
Begriffen
des Marktes abzuschätzen, des Geldes, das sie verdienen. Wenn man sich
diese Revolution abgeschlossen denkt, hat das durchschnittliche
menschliche Wesen mit mittelmäßigen oder noch geringeren Kenntnissen
nichts zu verkaufen, was für irgendjemanden das Geld wert wäre. Die
Antwort ist natürlich, dass wir eine Gesellschaft haben müssen, die
auf
menschliche Werte gegründet ist und nicht auf Kaufen und
Verkaufen."(Kybernetik, 59ff)

gerade weil das Warensystem auf Arbeit als Wertsubstanz aufgebaut ist,
ist
es mit der automatisierten Welt so inkompatibel."


Ich habe meinem Buch 2002 folgende zwei Zitate vorangestellt, als
Generalmotto sozusagen: 

"Wenn jedes Werkzeug seine eigene Funktion selbst erfüllen könnte,
wenn zum Beispiel das Weberschiffchen allein wirken könnte, dann würde
der Werkmeister keine Gehilfen brauchen, und der Herr keine Sklaven."
Aristoteles

"Bedenken wir, dass der Automat, was immer wir davon halten, ob er
Gefühle hat oder nicht, das präzise ökonomische Äquivalent der
Sklavenarbeit ist." 
Norbert Wiener

Norbert Wiener war offenbar schon damals klar, dass "der Automat"
früher oder später menschliche Arbeitskraft in grossem Umfang ersetzen
wird, und dass damit die Grundlagen der auf der Vollbeschäftigungsidee
basierenden Marktwirtschaft ins Wanken geraten werden. 

Aber was ist aus dieser Erkenntnis gewonnen mit Blick auf mögliche
Alternativen - eben leider noch nicht sehr viel. Die uns bekannte
Marktwirtschaft ruht auf den drei Säulen Vollbeschäftigung, Wachstum
und Geldwertstabilität, und im Kern geht es um das Produzieren von
Waren, (die Erweiterung der ungeheuren Warenansammlung...), und das
Konsumieren von Waren, und rundherum gibt es allerlei dieses
Warenumlaufsystem unterstützende oder auch sonstige wichtige oder
unwichtige Dienstleistungen. Wenn nun das Produzieren der Waren in
grossem Umfang von Automaten erledigt wird, und nicht mehr von damit
beschäftigten Menschen, tut sich da offenbar eine dramatische Lücke
auf in der tragenden Statik dieses Systems... das ist ja alles
vollkommen klar und unbestritten, denke ich.         

Aber was ist eben der Ansatz, da einen Ausweg zu finden, ohne auf
Maschinenstürmerei zurückzugreifen, und ohne hinter das erreichte
Niveau von Lebensstandard, von Güterausstattung zurückzufallen: ich
denke eben nur diese technische Möglichkeit, Gebrauchsgüter
hochmaschinell und in hoher Qualität herzustellen, ohne dass sie als
Waren auf Märkten getauscht werden müssen.

Ich will das hier nicht weiter ausmalen, ich denke wir sind uns da im
Prinzip einig. Ich fange gerade an, mich in Eure über die Jahre
geführten Debatten einzulesen, und finde Dein Dorf-Wiki Projekt,
Franz, ganz hoch interessant, und auch Deine Einschätzung des "Weges"
den die Dinge sich suchen und bahnen müssen, da bin ich ganz d'accord,
das geht nicht ganz plötzlich und grossartig revolutionär, niemand hat
da ein geniales Konzept in der Tasche, und das muss sich eben alles
langsam entwickeln und sich bewähren, es braucht seine Zeit und
Reife.  Diese nun auf Ökonux diskutierten Ideen sind z B nach meinem
Eindruck ein ganz wichtiger Baustein, den es vor 10 Jahren jedenfalls
in einer breiteren Öffentlichkeit oder Debatte so ja noch nicht gab,
und ich denke das wird auch zu einer konsolidierten Theoriebildung z B
in der Ökonomie oder den Gesellschaftswissenschaften führen.   

Lasst mich noch einen Satz sagen zu Hans-Gert:

"wieso bereitet mir eure Vision eines vollautomatisierten
Schlaraffenlands immer mehr Herzdrücken, gerade auch mit Blick auf die

Kollateralschäden bereits heutiger Automatisierung, die sich mit eurer

"universal programmierbaren Produktionsmaschine" ja nur potenzieren
können? Vor allem, wenn "jeder potentielle Konsument so ein Ding
besitzt"? In eurer Utopie scheint es keinerlei Konflikte mehr zu
geben?

Im Übrigen ist die Wertform nicht an die Güterförmigkeit von
Leistungen
gebunden und folglich nicht am Ende, wenn ein Aspekt der
Güterförmigkeit
von Leistung (und zwar nur von gewisser standardisierter Leistung, so
standardisiert, dass sie sogar eine Maschine vollbringen kann; Bruno
Buchberger nennt das "Trivialisieren"), nämlich die Komposition aus -
dafür noch immer erforderlicher - Ressourcen weitgehend trivial wird."

Zum Schlaraffenland: ich denke die Fragestellung ist ja nicht die, wie
denn nun möglichst bald ein komfortables faules Schlaraffenland
erschaffen werden könnte, und ob dazu möglicherweise ganz
viele universal programmierbare Automaten hilfreich sein könnten, die
es aber leider so noch nicht gibt.

Die Fragestellung ist genau umgekehrt die: wie lässt sich erreichen,
dass all die programmierbaren Produktionsmaschinen, Automaten,
Rechner, Roboter und Fabber die es eben schon gibt oder in naher
erkennbarer Zukunft ziemlich unverhinderbar geben wird, so verwendet
und eingesetzt werden können, dass sich das eben zum Segen der
Menschen auswirkt, und nicht zum Fluch; eben nicht mit der Konsequenz
von "Kollateralschäden" in Gestalt verlorener Arbeitsplätze und
zerstörter existentieller Sicherheit, sondern als Hilfsmittel zur
Gestaltung eines lebenswerten und menschenwürdigen Lebens. Genau darum
geht es. Und genau dieses Prinzip, dass idealerweise jeder Konsument,
jeder Güterverbraucher direkten Zugriff auf so eine
Produktionsmaschine hat, um sich "sein" Objekt der Begierde von dieser
Maschine herstellen zu lassen, ist die Voraussetzung dafür (unter
anderen!), dass diese Maschinen als Helfer auftreten können auf der
geschichtlichen Bühne, und eben nicht als "Kollateralschaden" oder
Schadenstifter. Wobei mir vollkommen klar ist, dass die hier auf
Ökonux diskutierten Techniken und Organisationsprinzipien (so nenne
ich das mal) im Kern dazu gehören.

Deinen zweiten Absatz verstehe ich wohl einfach nicht richtig. Was ist
Güterförmigkeit von Leistungen? Die Wertform am Ende? Ich würde das so
sehen: Güter herzustellen ist eine Leistung, und zwar eine prinzipiell
berechenbare, und damit auf berechenbare Automaten übertragbare bzw.
von diesen zu erbringende Leistung. (ich komme da immer gerne auf
Aristoteles' Poiesis zurück: er beschreibt poietische Handlungen
erstaunlicherweise gerade so, wie man einen Maschinen-Algorithmus
beschreiben könnte, ein für Maschinen exekutierbares, berechenbares
Programm...) Und wenn das einmal geschafft ist, dass eine Maschine ein
Werk, ein Objekt herstellen kann, dann ist dieses Werkstück bald nicht
mehr viel wert - man kann auch sagen es kostet nicht mehr viel. Am
Ende nur noch die Energie und die Rohstoffe. wenn es aber trotzdem
brauchbar ist für seine Zwecke - ist doch alles gut. Dann gibt es ein
triviales, aber brauchbares Ding nahezu umsonst... 

Der Mensch wird aber trotzdem nicht trivial, nicht überflüssig, nicht
wertlos, und hat in alle Ewigkeit eine Menge zu tun! und das letzte
was ihm niemals wird abgenommen werden können ist das, dass er die
Verantwortung tragen muss für alles was geschieht. Im wesentlichen. 

Viele Grüsse allerseits, 
Ludger
    

        




siehe http://marx101.blogspot.com/2009/06/
darstellungsvoraussetzungen.html

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Web-Site: http://www.oekonux.de/
Organisation: http://www.oekonux.de/projekt/
Kontakt: projekt oekonux.de

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