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Re: [ox] Re: Computer im Kapitalismus



On Sat, Dec 11, 1999 at 11:55:31AM [PHONE NUMBER REMOVED], Stefan Meretz wrote:
Es fing alles im neunzehnten Jahrhundert mit den mechanischen
Webstuehlen an. Und die waren schon digital und haben Software und
Hardware getrennt.

Ja, korrekt, und wie die Vorläufer der Computer (wie die Analytical
Engine von Babbage) zeigen, waren alle Elemente des "Computers"
vorhanden. Es fehlte "nur noch" eine hinreichende Verallgemeinerung der
ansatzweise schon geleisteten Trennung von algorithmischem und
gegenständlichem Produktionsaspekt. Warum der Computer real erst später
"erfunden" wurde (darf man Zuse inzwischen als ersten nennen?), wäre
eine gesonderte Untersuchung wert.

Der Fordismus brachte es mit sich, dass es eine grosse Buerokratie
und grosse logistische Aufgaben gab, fuer die Computer wie gemacht
waren. Die ersten Lochkartenzaehler wurden Anfang des Jhdts in
Amerika bei der Volkszaehlung eingesetzt. Natuerlich brachte der 2.
Weltkrieg dann zusaetzliche militaerische Anwendungen.

Ja, wobei der energetische Produktionsaspekt (Nr. 3 sozusagen) nicht das
revolutionierende Element in der Industriellen Revolution bildete,
sondern der gegenständlich-prozessuale (konkret: die Werkzeugmaschine
wie Marx schon wußte). Nebensache, siehe auch
http://www.kritische-informatik.de/algorevl.htm.

werd ich mir bei Gelegenheit mal angucken.

Eine heute mögliche Steigerung der Produktivität geht keinesfalls von
den Computern aus. Hier darf man Rationalisierung, also der Ersatz
lebendiger durch tote Arbeit, nicht mit Steigerung der Produktivität
kurzschliessen. Rationalisierung ist der Hauptprozess. Auch
Produktivitätsteigerung wird es geben, aber in Maßen. Die Quelle eines
weiteren Qualitätssprungs ist nicht die tote Arbeit, sondern die
lebendige, genauer eine neue Qualität der Produktivkraftentwicklung, in
der der Mensch sich als Hauptproduktivkraft selbst entfaltet.

Da kann ich Dir nicht ganz folgen. Wie soll es Rationalisierung ohne
Produktivitaetssteigerung geben? Was genau meinst Du mit "toter
Arbeit"? Die Arbeit von Maschienen?

Tote Arbeit ist die vergegenständlichte Arbeit, also das Resultat von
Arbeit "in" einem Produkt, z.B. einer Maschine. Tote Arbeit schafft im
Unterschied zu ledendiger Arbeit keinen neuen Wert, sie kann bestenfalls
bereits vorhandenen Wert auf ein Produkt übertragen. Ersetzt der
Kapitalist lebendige durch tote Arbeit (Maschine statt Mensch =
Rationalisierung), dann kauft dieser mit der Maschine eine Menge x
bereits vorhandenen Werts ein, den die Maschine im Laufe ihres Einsatzes
an die Produkte abgibt. 

Ohne mich mit der (marxistischen?) Theorie genauer auszukennen,
wirkt zumindestens diese Zusammenfassung auf mich als nicht mehr auf
Computer anwendbar. Obige Wertverwurstung in der Maschiene
funktioniert ja nur dann, wenn man einen festen Wert in die Maschine
steckt, der dann wieder "herausfliesst" mit der Zeit.

Genau das geht aber mit einer universellen Maschine nicht. Der
Computer kann im Laufe seines Lebens fuer Dinge eingesetzt werden,
fuer die seine Erfinder ihn nie gedacht haben. Das ist seine grosse
Staerke. Und das ist uebrigens auch der grosse Vorteil von OSS, weil
nur das OS-Entwicklungsmodell diese Evolution des Zweckes voll
unterstuetzt.

... vielleicht hab ich Dich aber auch schlicht falsch verstanden.
Ich kenne mich zuwenig mit diesen Dingen aus.

Internet ist ein rationeller Vertriebskanal, dem sich
Firmen kaum entziehen können. Insofern ist das Internet in die
Verwertungsmaschine integriert.

Das Linuxbeispiel zeigt doch aber seiner Meinung nach, dass es eben
nicht so ist. Bestimmte Formen der Wertschaffung sind nur durch
bestimmte Formen der Distribution moeglich geworden. Es gibt ja eine
Geschichte der Spezialisierung und Expertisierung. Die hat dahin
gefuehrt, dass fuer konkrete Aufgaben oftmals auf der ganzen Welt
nur noch ganz wenige Leute verfuegbar sind. Diese muessen aber im
Gegensatz zu den mittelalterlichen Baumeistern auch noch
zusammenarbeiten, so dass eine Reisetaetigkeit nicht reicht. Das
fuehrt zu zwei Dingen. Einmal einer raeumlichen Konzentration in
wenigen Metropolen (Silicon Valley, Bangalore, ...) und andererseits
einer zunehmenden Vernetzung um die Kommunikation auch zwischen
diesen Metropolen moeglich zu machen. Linus T. selbst ist ein gutes
Beipiel. Angefangen hat er in Finnland. Inzwischen ist er auch ins
Silicon Valley gezogen.

Ich stimme Dir zu, habe aber nicht verstanden, warum das meiner Aussage
widerspricht (s.o.).

Ich hatte Dich so verstanden, dass Du Internet als reines
Vertriebsphaenomen sehen wolltest. Ich wollte mit meinen
Ausfuehrungen deutlich machen, dass es auch die Produktion selber
beeinflusst.

Das englischsprachige Original erschien 1998 unter dem Titel New Rules
for the New Economy bei Viking Penguin NY. Ich kenne es allerdings
nicht, kann daher die Übersetzungsqualität nicht einschätzen.

Wenn es beim Lesen der Uebersetzung nicht zu sehr auffaellt, dass es
uebersetzt wurde, ist es meistens schon ganz ok ;-)

Gruesse, Benni
-- 
Testspieler gesucht:
                http://www.uni-frankfurt.de/~benni/ragnaroek/hello.html

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