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[ox] Re: Hardware User Groups



Hi Thomas und andere!

7 days ago Thomas Uwe Gruettmueller wrote:
Vorbemerkung:
---------------
Zum Verständnis der folgenden Argumentation ist zu beachten, daß ich
das ungreifbare, imaginäre Linux nicht als Produkt ansehe, sondern
viel eher a) die Installations- CD, egal ob selbstgebrannt oder
fabrikmässig in Serie gepreßt und b) der lauffähige Linux- PC
(zumeist vom User durch geschicktes Verbinden von Installations- CD
und Roh- PC selbst hergestellt).

Mir ist nicht klar, warum du Gnu/Linux als nicht-materielles, aber
dennoch Produkt nicht stehen lassen magst.

aus zwei Gründen:

1. Das nicht- materielle Produkt Linux ist untrennbarer Bestandteil
des materiellen Produkts Datenträger.

Hmm... Das würde ich aber anders sehen. Von der Idee, vom Begriff her
ist Gnu/Linux ja etwas immaterielles. Trennbar ist es aber schon - auf
einer Festplatte sogar leicht (a la "su -c 'cd / ; rm -rf *'").

Ohne solche kann Linux nicht
existieren (umgekehrt schon).

Na ja, aber es braucht keinen konkreten Datenträger. Das Produkt an
einem Buch wäre nach deiner Denke dann das Papier und die Bindung -
unabhängig vom Gedruckten. Das scheint mir irgendwie krumm.

Diesen Bestandteil loszulösen
unterschlägt zum einen die vorliegende Abhängigkeit

Das ist zwar richtig, aber gerade die Volatilität, die digitale Daten
im Zeitalter von Computern nun mal haben, scheint mir aber für das
Verständnis, für die Begriffsbildung wesentlich zu sein.

und erschwert
zudem die Vergleichbarkeit mit anderen Produkten.

Na, das ist aber ein taktisches Argument ;-) .

2. Daß das nicht- materielle Linux ein Produkt sei, ist deshalb nicht
tragbar, da bei seiner Verteilung die verfügbare Stückzahl nicht
abnimmt.

Nur wenn du postulierst, daß das so sein muß - aber das m.W. steht
nirgends geschrieben.

Davon abgesehen ist nach deiner eigenen Denke die Verteilung identisch
mit einer Produktion einer Kopie. Das originale Produkt wird also
genau genommen gar nicht berührt. Nur sein (identisches) Abbild ist
von Belang, das aber neu erstellt wird.

Vielleicht müßten wir hier klarer kriegen, wo genau der
Punkt ist.

Vielleicht sollten wir mal ein paar Worte speziell für dieses Projekt
definieren -- ich erinnere mich da an die Debatte um "Arbeit" und
"Wert" -- und so eine Art Wörterbuch anlegen.

Ja, ich dachte auch schon mal, daß ein Glossar nützlich wäre - am
besten auf der Web-Site.

Hast du Lust mal so etwas zu beginnen? Web-Technix müßten über mich
laufen, aber das sollte das kleinste Problem sein.

Was sich durch GNU/Linux nun
geändert hat, ist demnach nicht wesentlich die Art der Herstellung des
Produkts, sondern die Planung seiner Funktionsweise, bzw. Verwendung.
[...] Die besondere Arbeitsweise der GNU/Linux-
Entwickler wird, meine ich, auch weiterhin auf den planerischen Teil
beschränkt bleiben, was jedoch egal ist, da die stoffliche Umsetzung
in allen Bereichen, in die die GNU/Linux- Arbeitsweise vordringt,
zwangsläufig ähnlich nebensächlich wird, wie sie bei Software von
Natur aus ist.

Geht das in die Richtung, was ich als "Informationsgesellschaft auf
den Begriff gebracht" im Paper habe?

Genau:
gelesen -- nicht verstanden -- neu erfunden :o)

Mir ist mittlerweile selbst aufgefallen, daß dieser Absatz ziemlich
dürr und wohl recht unverständlich ist. Na, das war so das
Weitgehendste, was mir beim Schreiben so eingefallen ist. Aber ich
denke, wir diskutieren hier momentan schon stark in diese Richtung.

Entscheidender finde ich, daß es einfach
in eine Form zu kopieren ist, die benutzt werden kann.

Richtig. Die Kopierbarkeit von Informationen ist auch wichtig bei
ihrer Erstellung, aber das ist ein ganz anderes Thema...

Denke ich nicht.

Es gibt bei
der Variantenvielfalt wohl kaum zwei Autos, die genau gleich vom Band
laufen. Die haben schon Stückzahl 1.

Das ist bei Handarbeit normal. :o(

Ja, aber bei Industriearbeit eben nicht. Der Fordismus beruht ja
geradezu auf der uniformen Massenproduktion. Da ist schon ein
innerkapitalistischer Bruch.

2. Linux ist "open source". Demhingegen sind andere Produkte (TV,
Auto) gewöhnlich Blackbox-Systeme.

Oh, das war mal anders. Ich kann mich noch gut daran erinnern, daß du
früher bei dem Papier zu einem HiFi-Gerät einfach mal der Schaltplan
dabei war - und eine Explosionszeichnung. Da konnte ich schnell eben
selbst mal Endtransistoren wechseln...

Stimmt. Aber diese Pläne standen nicht unter der GPL.

Na ja, wohl nicht. Aber immerhin haben sie den Kundigen ermöglicht,
einen Blick reinzuwerfen und etwas daraus zu lernen. Gerade bei
Schaltungen ist das ja durchaus möglich und für eigene Entwürfe u.U.
sinnvoll. So gesehen waren sie "Open Source".

Vollautomatisierung ist BTW ja immer erstmal relativ. Das was vorher
Arbeitskraft brauchte, läuft nun automatisch. Eine absolute
Vollautomatisierung vom Rohstoffabbau bis zu den nicht mehr
vorhandenen Supermarktkassen ist sicher noch weit entfernt.

Hmm... absolute Vollautomatisierung? Ob wir das wohl noch erleben
werden? :o)

Vielleicht ist das aber auch gar nicht das Ziel. Wichtig sind erstmal:

o Versorgung der Weltbevölkerung
o Bildung (mit wissenschaftlichem Schwerpunkt)
o Zeit für gemeinschaftliche Interessen
o Zeit für persönliche Interessen

Ich würde - auch im Lichte des Wochenendes in Jena - diese Liste genau
umdrehen: Die persönlichen / individuellen Interessen sind das
wichtigste. Wenn die Entfaltung der Einzelnen Bedingung für die
Entfaltung aller ist, dann ergibt sich der Rest daraus mehr oder
weniger.

Genau. Du würdest eine Mail nach Wolfsburg zu den
"*Volks*wagen"-Werken schicken, in denen du sagst, was du haben willst

genau, und die baun das Teil dann (als Dienstleisung).

bzw. wie sie es zu konstruieren haben. Fachmenschen da würden dir
ggf. helfen.

Pfui, ach! Wozu das denn noch?

Na ja, nicht jedeR mag sich vielleicht erst in die
Konstruktionsgeheimnisse einarbeiten müssen. Ich habe ja auch schon
mal privat eine SuSE auf einem Rechner installiert, der mir nicht
gehört hat - weil die Person das nicht lernen wollte - was ja ihr
gutes Recht ist.

Der Kapitalismus
reagiert natürlich auf diesen Bedarf und versucht ihn zu decken,
indem er derartige Produktionsmittel als Massenware auf den Markt
schmeißt (man denke dabei z.B. nur mal an CD- Brenner) oder aber
derartige Serviceleistungen anbietet ("Book on Demand" -- hmm... na
ja, hätte fast ein Beispiel dafür sein können). Forderung 1 wird also
erfüllt.

Da bin ich mir nicht so sicher. Bedingung wäre ja nicht nur eine
vereinzelte Nachfrage, sondern eine kaufkräftige Massennachfrage nach
solchen Produktionsmitteln / Services. Ob die da ist?

Drucker, CD- Brenner, Linux- Distributionen werden wie wahnsinnig
gekauft.

Ja, aber...

In Baumärkten werden Schweißgeräte, Hand- und Standbohrmaschinen,
Winkelschleifer, Kreis- und Stichsägen, Zangen, Hämmer,
Schraubenzieher, Schrauben, Nägel, Bleche, Rohre und so weiter zu
Billigpreisen verramscht und ebenso gekauft. Mit diesen Werkzeugen
könnte man bereits Fabriken auf dem Niveau der 60er Jahre preiswert
ausrüsten.

...jetzt verstehe ich deinen Punkt. Stimmt! Jetzt wird mir so langsam
klar, worauf du raus willst. Interessant.

Fließbänder oder Industrieroboter gibt es aber noch nicht in
Baumärkten, da, wie du schon sagst, keine Nachfrage danach besteht.
Wenn aber die, die heute allein vor sich hinwerkeln, sich
organisieren und ihre Erfahrungen austauschen würden, entstünde auch
das Bedürfnis, so zum Spaß, grosse, nützliche Sachen herzustelen, und
dann wäre der Bedarf da.

Ich sehe was du meinst. Ganz wichtig ist natürlich das "so zum Spaß".
Hmm...

Damit die Arbeitsweise der Computerfreaks auch auf die der Auto- und
Fernsehfreaks überschwappt, müssen sich diese ähnlich wie jene über
das Internet einerseits und in örtlichen Gruppen andererseits
organisieren (Forderung 2). Dadurch steigt die Chance, daß die
Benutzer ihre Kreativität (insbesondere, wenn sie, wie oben gezeigt,
dann über geeignete Produktionsmittel verfügen) an jenen Geräten
auslassen, und dies kann, wenn das Erfolgskonzept von Linux auch hier
aufgeht, so weit führen, daß die Produkte im Wesentlichen von den
Benutzern, und nicht länger von der jeweiligen Herstellerfirma
konstruiert werden

Das wäre dann quasi High-Tech-Subsistenz - oder?

Ja, aber nicht nur -- eben so wie bei Linux: Die, die arbeiten,
arbeiten für den Eigenbedarf (also in Subsistenzwirtschaft), vom
Ergebnis dieser Arbeit profitiert aber die ganze Menschheit (Windoof-
User sind keine Menschen!!! ;o) )

Ich sehe was du meinst.

Die Supermarktkassen können entfernt werden.

Leider nicht. Daß die Preise ständig sinken, führt ja leider nicht
dazu, daß sie Null auch tatsächlich erreichen.

Und was ist, wenn eine LUG sagt: "Wozu sollen wir uns jeder eine
Distribution kaufen? Wir haben doch Brenner. Und unsere Liste ist
allemal besser als die 60- Tage- Hotline. Es reicht also, wenn sich
einer eine Distribution kauft." -- Kann dann die Kasse entfernt
werden?

Nein. Sie wird nur kleiner. Auch eine SuSE kostet nicht Null DM.

Im Hardware- Szenario hiesse das: Aufbau von neuen VEBs.

VEB = Volkseigener Betrieb - sollte vielleicht erwähnt werden. Aber
darüber sollten sich vielleicht die Ex-DDRler auf der Liste auslassen.

Wie schon
oben gesagt -- auf 60er Jahre- Niveau könnte man das schon heute
recht preiswert so zum Spaß, aber wenn es erst moderne
Produktionsmittel im Sonderangebot gibt, sind diese VEBs sogar
konkurrenzfähig.

Konkurrenzfähig? Zusammenzuck! Na ja, Gnu/Linux ist in gewisser Weise
ja auch konkurrenzfähig - na gut.

Und dann können die Supermarktkassen entfernt werden. :o)

Aber immer noch nicht für die Werkzeuge bzw. Produktionsmaschinen. Die
stammen ja noch aus dem Kapitalismus. Aber immerhin schon mal für die
Produkte der HardwareUserGroup.


						Mit li(e)bertären Grüßen

						Stefan


---------------------
http://www.oekonux.de/



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