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[ox] Medienfeudalismus, war: Re(2): Re(2): Grundsicherung



liste oekonux.de schreibt:

LoGl
:

Das interessiert mich. Da es mir zu unkonkret ist, bitte ich dich, das ein
wenig auszuführen:
FrNa
:
<
....Die verwissenschaftlichte Produktion
<
im Wertkorsett muß aber m.E. gerade im Namen der Potentiale
<
verwissenschaftlichter Produktion angegriffen werden.
LoGl
Der Satz klingt nach Möglichkeit kritisiert Realisierung. Bitte
benamse beides ein wenig, Beispiel wäre hilfreich.

Irgendjemand hat einmal geschrieben, die Vergesellschaftung durch
EAN-Codes übertrifft die kühnsten Träume kommunistischer Theoretiker.
Robert Krz spricht auch vom "Kommunismus der Sachen".
Trotzdem mag heute niemand mehr an Fortschritt glauben, 
die Selbstverständlichkeit ist uns abhanden gekommen.

warum ist das so?

Du zitierst Marx und referierst, daß er den Zusammenbruch der auf
dem Wert produzierenden Produktionsweise gerade durch die
Verwissenschaftlichung der Produktion vorausgesagt hat, daß aber
überhaupt nicht klar ist, "ob nicht noch was übleres nachkommt".

Ich behaupte: das üblere ist schon da. Die produktiven Potenzen der
Gesellschaft sind gerade dabei sich zu verwandeln, in Netzwerke, und
Kapital verwandelt sich vom Organisator der Produktion in Bezollung
der dabei verwertbaren Eigentumstitel. Das hat nichts mit einer
Aufteilung des Kapitals in gutes oder schlechtes à la böses Finanz-
und gutes schaffendes Kapital zu tun. Es ist tatsächlich das "outsourcing"
der Produktion (u.a.) an Open Source, das zugleich wirtschaftlich rationell
und brandgefährlich fürs Kapital ist. Letzteres wird natürlich bemerkt
und die potentielle Verselbständigung der Arbeit vom Kapital wird arglistig
behindert.

Ulrich Sigor nennt diese neue Formation "Medienfeudalismus".
Ich gestatte mir einen noch unveröffentlichten Text anzuheften, in dem
er das nochmal darstellt, inklusive aller Strategien den Wert in einer
Form festzuhalten, wo er nicht mehr zu suchen hat - und sachdienlichen
Hinweisen für die positive "Auflösung der ganzen Scheiße".

meine Meinung:

Der Medienfeudalismus verhält sich zum Kapitalismus wie der
Absolutismus zum Feudalismus. 

 
FrNa
:
<
Nichts wird vom Kapital in seinem verzweifelten Bemühen, seinen
<
Zusammenbruch durch oben beschriebene Tendenz aufzuhalten,
<
gründlicher zerstört als die Kultur gesellschaftlicher Gesamtarbeit,
<
wie sie sich ansatzweise im nationalstaatlichen Rahmen verwirklicht
<
hatte.
LoGl
Das scheint mir z.B. die Zerstörung der Infrastruktur durch
Privatisierung als cash cows zu meinen (E-Werke in Kalifornien derzeitig
sehr anschaulich), bitte um weitere Hinweise oder Korrektur, wenn ichs
missverstanden habe.

Vielleicht ist das "national" auch mißverständlich, den es geht schon
um die Rolle des Staates als ideeller Gesamtkapitalist. Einen anderen
(bürgerlichen) Staat hat es nie gegeben und wird es auch nicht geben.
Doch genau hier wird der innere Funktionswandel des Kapitalismus
schlagend sichtbar.  Das von Dir zitierte Phänomen ist nur die Spitze
des Eisberges. Du mußt umgekehrt fragen, wieviel an innerer 
Kohärenz muß zusammengebrochen sein, damit sowas wie in
Kalifornien möglich ist? Die Privatisierung ist ja nur die 
letzte Konsequenz dessen, daß der Staat als Organisator kapitalistischer
*Produktion* ausgeschissen hat, nicht der "Beginn" der Zerstörung.
auch dazu siehe unten.


FrNa
:
<
Das ist nicht einfach wegzuwischen mit dem Verweis auf die
<
dazugewonnenen Freiheitsmomente. Hier ist wirklich etwas
<
absolut Essentielles am kaputtgehen, und was es an Widerständigkeit
<
noch gibt klebt sich an diese Vergangenheitsträume fest.
LoGl
Bitte sag mir altem dreidimensionalen Konkretinisten, was so
"Freiheitsmomente" sind, dein bestes Beispiel!

Das Entstehen der Möglichkeit zur Vernetzung war das Werk der
großen Industrie. Ich habe in einem Vortrag über die "dritte Welle"
die Emanzipationsgeschichte des Prosumers kurz zusammengefaßt.

www.telechance.at/give/Kiel

In Ansätzen findet sich darin ein materialistischer Versuch, dem
Glanz und Gloria und dem Elend der Achtundsechziger auf den
Grund zu gehen - da hast Du mein "bestes Beispiel"!

http://www.telechance.at/give/Kiel/kiel4.htm

LoGl
Beim Essentiellen fällt mir wieder ein: Wie steht diese Essenz zur
Verwertung, der doch wohl auch die gesellschaftliche Gesamtarbeit
untergeordnet, vorgelagert ist?

Dazu kann ich nur sagen: Arbeit ist auf Ordnung angewiesen, 
Wirtschaft schon viel weniger. Wir müssen zeigen, wie inhaltliche
Ökonomik im Medienfeudalismus verfällt, und sie uns als
UNSER Mittel aneignen. 

BITTE BITTE: Vielleicht können wir uns jetzt zurückhalten oder
das in Wien oder per p.m. (private mail :-) ) diskutieren, solange 
bis auch andere Leute wieder eingestiegen sind, Auch Benni
hat gemeint, es müsste wieder Platz auf der Liste gemacht werden.
Bitte bitte, laß das mal verdauen!! Wenn andere Leute drauf eingehen, 
werden wirs schon merken!!!


"Medienfeudalismus" - eine zusätzliche Produktionsweise

Es fehlt an klaren Ansätzen für die Beschreibung, Erklärung und
Perspektivenbildung zur neueren Entwicklungsrichtung von Arbeit,
Wirtschaft und Gesellschaft. Daher bilden wir auch kaum Vorstellungen von
durchgriffsfähigen globalen Strategien und operativen Leitbildern, von
Handlungsmodellen, die im Konkreten nutzen, ohne die Kräfte aufzureiben.

Starrheit und mangelnde Ernsthaftigkeit in der Handhabung von Theorie und
auch Begründungsdefizite haben zudem eine unzuträgliche allgemeine
Dogmatikfeindlichkeit gegenüber politisch- ökonomischer Theorie mit sich
gebracht. Darunter leiden insbesondere systematische Analyse und dringend
nötiger normativer Entwurf.

Die angesprochene neuere Entwicklung der Wirtschaft stellt sich stark
verdichtet so dar: Auf der Seite des Kapitals verfällt der objektive
Faktor, auf der Seite der Arbeit verleugnet sich der subjektive Faktor.
Für beide Seiten bestehen neuartige und erhebliche taktische Chancen -
das Kapital scheint seine erkannt zu haben, die Arbeit weder die ihre
noch die andere.

Aus der Sicht einer Folge von Produktionsweisen und spezifischer
gesellschaftlicher Verhältnisse müssen wir ein zusätzliches Paradigma
definieren, in der Nachfolge kapitalistischer Produktionsweise (im
engeren Sinne). Das hier im Folgenden vorgeschlagene Schema soll
provisorisch und aktuell provokativ "Medienfeudalismus" heißen. Dazu ist
es erforderlich etwas weiter auszuholen:

Der zentrale Sinn des Wirtschaftens liegt in der Vergrößerung der
Handlungsspielräume der Men-schen - darin, bestmögliche Bedingungen der
Selbstbestimmung zu realisieren (Autonomie-Perspektive).

Stellt man dazu die Zielsetzung einer willkür- und gewaltfreien
Organisation des politischen Verbands, so ergibt sich ein altes Bild der
Triade von Ökonomie, Ethik und Politik, in idealisierter Form.

Menschliche Arbeit hat den allgemeinen Zweck, diese Vergrößerung der
Handlungsspielräume zu erreichen, sie schafft Wissen und Strukturen, die
es erlauben, Arbeitsvorbereitung zu bevorraten, zu schematisieren, und zu
objektivieren, d.h. der Allgemeinheit zugänglich zu machen. Wichtig ist:
Man unterstellt dabei einen Fortschrittsprozeß, einen Aufbau, der Mühen
und Nutzen mit sich bringt, was beides zu verteilen ist.

Der inneren Rationalität dieses Aufbaus sind bislang fast keine
methodischen Ansätze zugute gekommen. Solange er sichtbar voranging oder
vorangehen kann, lehnt er sich an Selbstverständlichkeiten an und wird
nicht als Ganzes reflektiert. (Volkswirtschaft entwickelt sich inhaltlich
auf traditionale Weise, nicht wissenschaftlich gestützt).

Dagegen sind Fairneß und Logik der Verteilung von Mühen und Nutzen schon
immer Gegenstand umfangreicher Überlegungen und darauf aufbauender
Gesamtgesellschaftssichten; der Handlungsbedarf ist hier - auch
historisch begründet - offenbar sehr viel plausibler als derjenige einer
qualitativen Analyse der Produktivkraft; sie wurde und wird
vernachlässigt.

Die Abschaffung der Unterdrückung des Menschen durch den Menschen ist
sinngemäß Losung eines bekannten Programms. Dies erfährt unter der oben
eingenommenen fundamentalen Autonomie-Perspektive die Deutung, daß
verfügbare gesellschaftlich erreichte Handlungsspielräume nicht
willkürlich oder gewaltsam verteilt werden sollen; insbesondere, daß
Spielräume auf einer Seite nicht auf einen Mangel daran auf anderer Seite
gründen dürfen. Dafür sollte universeller Konsens unterstellbar sein.

Das Marx?sche Programm sowie seine Geschichtsinterpretation geht nun
davon aus, daß tatsächlich ein Aufbauprozeß vorliegt, und daß dessen
Gestaltungsmittel als Schlüssel für die jeweiligen Machtverhältnisse
wirken. Privateigentum an Produktionsmitteln und lebendige Arbeit stehen
in einem Spannungsverhältnis, haben aber gleichwohl die Produktion von
Nutzen als gemeinsamen Gegenstand. Diese letztere Prämisse trifft jedoch
immer weniger zu. Die Definition einer kapitalistischen Produktionsweise
genügt der neuen Situation nicht mehr. Das gilt für den Gesichtspunkt des
Eigen-tums und den der Produktivkraft, und insbesondere für den der
(Produktions-)Krisen.

(FN:Das ist auch bei Krisis das Thema: Wertschöpfung verwandelt sich in
ihre eigene Negation, die Form trennt sich praktisch vom Inhalt)

Allgemeine Automation als Kern der Entwicklung der Produktivkraft
verringert faktisch den Anteil lebendige Arbeit; im Spiel der Märkte
verringern sich aber auch Wert und Effizienz der Produktivkraft im ganzen
für die Akkumulation von Kapital. Wir haben eine schleichende latente
Vergesellschaftung der Produktionsmittel durch die Automation selbst; sie
bricht aber nicht durch, sondern wird raffiniert kompensiert:

Produktionsziele, für welche bei rationaler Handhabung kaum noch
betriebliche Rentabilität sichtbar ist, werden entdifferenziert und
überprofiliert und künstlich als Zentrum der Wirtschaften erhalten:
Nutzvolle und sinnvoll umfangreiche Integration lebendiger Arbeit in die
automatisierten Prozesse wird blockiert, sie wäre unnötiger Kostenfaktor
und letztlich drohende Konkurrenz, die im eigenen Produkt aufkeimt.

Etwas anders akzentuiert: Kapitalvermehrung kann nur noch mit
sachwidrigen Verrenkungen innerhalb realer Produktionsprozesse
stattfinden. Latent (gesellschaftlich) nachgefragte Arbeitskraft, ohne
nennenswerten Kapitalbedarf wird in ihrer Entfaltung behindert - durch
die Agonie des Investiertriebs auf obsolet strukturierten Märkten. Das
Grundproblem ist auch über die Verteilung der Gewinne oder der Arbeit
nicht zu lösen - es liegt weiterhin in der Produktionsweise.

Die heutigen Volkswirtschaften entwickeln sich nun dahin, daß sie vom
Abbau vorgängiger Wertschöpfung,bzw.der dabei anfallenden konjunkturellen
Energie angetrieben werden. Es werden keine Bedingungen weitergebracht,
die generell eine Vergrößerung der Handlungsspielräume des Menschen
erlauben, die dann zu verteilen sind. Die gegebenen Machtverhältnisse
werden einfach nur noch mißbraucht, um eine Pokerrunde der Inhaber
angesammelter Handlungsspielräume gegen ihre eigentlichen Erzeuger
abzugrenzen. Reale Produktionsmittel und die Handhabung der
Produktionsverhältnisse sind eher lästige Accessoires eines Companopoly.

Das Image der Ausbeutung im klassischen Verständnis läßt sich dabei sehr
opportun gleich mit der Arbeit selbst abstoßen. Die verursachten sozialen
Probleme fallen relativ zu klassischer Theorie in ein Erklärungsloch,
manchmal sogar noch mehr: sie bieten - wiederum relativ zu klassischer
Theorie -ein fragwürdiges Solidarisierungspotential (Bündnis für Arbeit).

Nun muß die wahrscheinlich etwas schwierige Perspektive eingestellt
werden, daß Kapital eben nicht mehr das Medium, sondern - wie o. bereits
angedeutet - nunmehr der Antagonist von realen Produktivprozessen ist.
Was heißt das?

Dem Menschen geht es weiterhin um Handlungsspielräume. Dafür gibt es also
eine Nachfrage. Und diese ist auch weiterhin von Produktivprozessen
(i.w.S.) zu erfüllen. Wenn die Produktivkraft nun an industrieller
Relevanz verliert - jedenfalls aus der individuellen Sicht der
individuellen Investoren -und Kapital aus diesen Gründen von
Produktivprozessen abläßt (und sich aufs "Spekulieren" verlegt), werden
Produktivprozesse sozusagen herrenlos. Könnte "freie" Arbeitskraft die
Lenkung der Prozesse aufgreifen, und würde an üblichem Kapitalbedarf
vorbei (autonom) produktiv, dann entstünde eine Konkurrenz ganz neuer
Art. Zur Konkurrenz der Handlungsspielräume (alias Angebote
wirtschaftlicher Nutzleistung) kommt eine solche um Handlungsspielräume.

Die undurchsichtige Welt der qualitäten- und lebendarbeitreduzierten
Attrappen könnte nur schwer ihren Absatz gegenüber den
redundanzreduzierten und qualitätenverdichteten wirtschaftlichen
Leistungen lebendiger Arbeit durchsetzen. Die Währung würde schizophren.
Und das führt auf die Konkurrenz um! Handlungsspielräume: wenn sich
Kapital nicht mehr vermehrt, kann sich vorhandenes Vermögen Nutzleistung
zwar noch kaufen, (denn man sieht dem Geld nicht an, woher es kommt,
sofern es überhaupt jemand darauf anlegen will) aber die
Finanzinfrastruktur und "Lebensstile" großer Teile der Wirtschaft
gerieten ins Wanken. Der Reichtum der privilegierten Schichten
verbrauchte sich.

Um dem Ausdruck "Medienfeudalismus" schon etwas näher zu kommen, sehen
wir nochmals, worauf der Reichtum und wirtschaftliche Macht sich heute
gründen:

Klassisch kapitalistisch ist es der (juristische) Eigentumsbegriff, der
die Aneignung von Mehrwert unter Schutz nimmt. Kapitalistisches Eigentum
ist aber nur dann von Wert, wenn es den Konsum seiner Produkte erzwingen
kann. Das geschieht (scheinbar) bislang über ihren Gebrauchswert.

(was noch einmal schlagend die Ambivalenz der Gebrauchswertkategorie
aufzeigt- f)

Die innere Logik der Kapitalvermehrung mindert diesen Gebrauchswert und
sie mindert den Wert des automatisierten Prozesses selbst und stetig
durch seine Perfektionierung bis hin zur impliziten Vergesellschaftung;
(die nicht aufzuhalten ist, weil der Anteil Information an der
Perfektionierung der Automation immer maßgeblicher wird und letztlich
nicht geschützt werden kann - dahinter steht ein technisches Argument:
Automation macht physische Produkte langfristig zum Allgemeingut).

Das Dilemma der Automation: sie führt kapitalabhängige Macht zur Blüte
und zur Auflösung. Auf der Basis kapitalistischer Produktionsweise wäre
das Spiel der Pokerrunde bald am Ende!

Auf der anderen Seite führt dabei auch eine Sozialismusidentität ins
Leere, die mit einem abstrakten Eigentumsbegriff über die
Verteilungsgerechtigkeit kapitalistisches Eigentum tolerieren kann. Der
Nutzen als solcher löst sich auf und die auf ihn gründende Macht. Wo
verankert sie sich wieder? Um das Spiel zu retten, muß potentiell
autonome Arbeitskraft "unsichtbar" wiederangebunden werden und daran
gehindert werden, sich selbst zu versorgen und am Kapital vorbei eine
eigene Ökono-mie zu installieren.

Dabei nimmt der Faktor Information nun die zentrale Rolle ein, die Medien
haben dabei einen Status wie Grund und Boden. Der Begriff eines
"Medienfeudalismus" drängt sich geradezu auf.

Die Restauration geschieht auf verschiedene Weisen und in Übergangsformen:

1. Verlängerung der Attrappenwirtschaft - die Runderneuerung von
Absatzchancen

Das Erschweren der Evaluierbarkeit von wirtschaftlichen Leistungen
erleichtert den Absatz von Attrappen erheblich: das bereitet den Boden
für die Überleitung der Betriebe von der Produktion zur Pokerrunde, die
relativ langsam und stetig erfolgt. Hier erhält auch der Wettbewerb seine
tatsächliche Bestimmung und eben nicht in der Ausreifung der
Nutzqualitäten der Güter. Attrappenwirtschaft ist eine Veranstaltung der
Spekulation, die mit inhaltlicher Tarnung in immer neuen Bereichen
Raubbau treibt und damit kurzfristig brauchbare Investitionsgelegenheiten
schafft.

2. Behinderung des Zugangs zur Automation und der Entwicklung einer
geeigneten Welt sozialer Rohlinge - Eigenleistung und Selbsthilfe werden
erschwert.

Alles was sich dank der technischen Entwicklung autonome Arbeit selbst
erschaffen könnte, wird durch individuell unzugängliche hochintegrierte
Erzeugnisse aus industrieller Produktion bereitgestellt und die
basistechnologischen Errungenschaften werden auch nur dafür aufbereitet.
Menschliche Arbeitskraft wird in instrumenteller Hinsicht amputiert und
sekundär prothetisch versorgt. Eine sehr abstrakte Vorstellung, die aber
für fast alle Lebensbereiche plausibel sein sollte. Insbesondere
Fördermittelpolitik ist unter diesem Gesichtspunkt sehr genau zu
untersuchen. Sie fördert Rentabilität von Serien, aber nicht komfortable
allgemeine Überhaupt - Verfügbarkeit (situativer Bedarf).

3. Qualitätsplanung und Orientierung werden behindert - wer Qualität
nötig hat, wird schikaniert und diskriminiert und abgewertet

Die Ordnung der Dinge wird künstlich verkompliziert, die Orientierung
erschwert, dadurch steigt -relativ zur Entwicklung der Technik - selbst
die zur Reproduktion notwendige Arbeit in der bilanz. Der "Markt" ist
vielfach nur das Blindekuhspiel mit merkantilen Wucherungen der
Wirtschaft. Auch hier wird Arbeitskraft unsinnig gebunden: Der Einsatz
der Attrappen verschleißt Kräfte und schwächt sie durch Verstrickungen,
in die sie sich bei ihrer Selbstorganisation hineinnötigen lassen.

4. Angebots-Nachfrage-Logistik der Kooperationen autonomer Arbeit wird
behindert

Die wichtigste Strategie setzt aber dort an, wo nicht Eigenbedarf (ob
betrieblicher oder der des Endkonsumenten) und Reproduktion betroffen
ist, sondern autonome Schaffenskraft im strengen Sinne.

Die gesellschaftliche Produktivität autonomer Arbeitskräfte ist in
höchsten Maße angewiesen auf funktionstüchtige Infrastrukturen für den
Tausch, die Kooperation, und die Darstellung und das Auffinden von
Angeboten und Nachfragen. Um so mehr,je weiter sich Arbeit auf die
konzeptionelle Administration und Entwicklung automatisierter
physikalischer Produktion hin verschiebt, also zur Kopfarbeit wird.

Das Stören, Behindern und Zerstören klarer Informationsgefüge bzw.ihrer
Entwicklung tritt innerhalb der Attrappenwirtschaft als Privilegiengarant
des Kapitals auf.

Die Störfunktion als Einsatzzweck von rührigen Investitionsvolumina auf
der Objektebene der direkten Konkurrenz geht schließlich über in eine
Erpressungsfunktion auf der Metaebene und es tritt Medienbesitz an die
Stelle des alten Eigentums an den Produktionsmitteln. Die Verkehrswege
werden nicht mehr vornehmlich blockiert, sie werden bezollt:

Man wird die Unabhängigkeit der Arbeit von Kapital einräumen, ihre
Selbständigkeit; dafür belagert man ihre Infrastrukturen und läßt sie
zahlen, wenn sie tätig werden will; eigene aktive Produktivität stellt
das Kapital ein. Diese Bezollung ist lukrativer und bequemer als das
Anarbeiten gegen einen schleichenden Wertverfall aufrechterhaltener
Produktion. Die Herrschaft über die Medien ermöglicht eine Bezollung der
Marktflächen autonomer Arbeit, bzw.der jeweiligen wirtschaftlichen
Identität, die als Kopfarbeitsidentität eine hohen kontinuierlichen
rationalen Darstellungsbedarf hat. Die innere Struktur der Objekte - mit
denen Kopfarbeit sich befassen muß, d.h. der automatisierte Prozeß
physikalischer Produktion, in seiner faktischen Gestalt, bindet dann
häufig autonome Arbeit noch in proprietären produktuellen Domänen der
Industrie-Investoren. Wo Kapital schon längst (als akkumulierendes) sich
zurückgezogen hat, bietet sein informationales Erbe immer noch die
Möglichkeit autonome Kopfarbeit an sich zu binden (der nn-Hersteller
pflanzt sich fort in die nn-Komplett- Dienstleister,...,
nn-Politikberater).

Die Festigung des Status autonomer Arbeit ist historisch sicher nicht
aufzuhalten. Attrappenwirtschaft als Versuch kennzeichnet ein
Übergangsstadium der kapitalistischen Produktionsweise in den hier sog.
Medienfeudalismus. Dieser ist dann als eine reife Form eines neuen
Produktionsverhältnisses anzusehen, in welchem sich wiederum Herrschaft
des Menschen über den Menschen realisiert.

Eine freie Entfaltung der Symbiose von Kopfarbeit und Automation in
Verbindung mit einer Vergesellschaftung (Allgemeinverfügbarkeit) der
elementaren basistechnologischen Versorgungsprozesse wäre die Utopie, die
Vision, die man jenem Medienfeudalismus politisch programmatisch
entgegenzusetzen hätte.





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Organisation: projekt oekonux.de


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