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Re: [ox] Freiwirtschaft (war: interessantes Interwiev)



Joost K writes:
Zunächst nur soviel: alle Deine Beispiele Unterstellen die Realität
von etwas, was wir "Wert" nennen, und das als Quantität einer
"allgemeinverbindlichen Ware" ausgedrückt sein will. Doch was ist der
Wert?

Irgendwie schaffen es viele Gesellschaften, die Frage was wie viel Wert 
ist, verbindlich zu klären (ob die Währung nun "Kamele", "Dollars" oder 
"Reputation" heißt). Insofern weiß ich nicht, ob die Frage, "was Wert 
ist" weiterhilft.

Die Frage ob der Wert in Kamelen und Dollars ausgedrückt wird war
eigentlich nicht gemeint.

Gemeint war, daß eine Produktionsweise gänzlich vom Wert dominiert wird,
daß die Akkumulation von Wert Ausgangs- und Endpunkt der ganzen
Produktionsweise ist.

Es wird nicht fürs menschliche Bedürfnis produziert, sondern um einen
Kapitalvorschuß mit Anspruch auf Vermehrung zu bedienen. G (eine
Geldmenge) setzt sich in W (Waren, darunter Arbeitskraft) um, um G' (eine
vergrößerte Geldsumme) zu werden. Holger hat recht wenn er das
Auseinandertreten von Geldverleiher und industriellem Produzenten für
sekundär erklärt; die industriellen Produzenten brauchen nämlich die
Geldverleiher, um die Konkurrenz aus dem Feld zu schlagen. Sie brauchen
Investitionen, um schneller, mehr und billiger zu produzieren als andere.
Insofern ist der Zins nicht Ausgangs- und Zweckpunkt der ganzen
Geschichte, sondern eben die Notwendigkeit der Akkumulation ist die
Notwendigkeit, der sich auch die Geldverleiher dienstbar machen, indem sie
ihr Geld herborgen, um sich daran zu beteilgen.

Richtig ist, daß ohne Kredit überhaupt nicht mehr profitabel produziert
werden kann; kein Produzent kann es sich leisten, in seinem Kampf ums
Überleben am Markt einfach darauf zu warten, was sein Kapital abwirft. Der
Kredit setzt die Maßstäbe erfolgreicher Akkumulation. Er setzt auch den
Zwang zu erfolgreicher Akkumulation: Das hergeliehene Geld ist mit der
Nötigung zur Tilgung der Schuld verbunden. Eine moderne Gelddefinition in
diesem Sinn wäre Geld als nötigungskräftige Verbindlichkeit zu bezeichnen.
Vom schlichten Tauschmittel sind wir da schon meilenweit entfernt.

Wert ist, wenn der gesamte Reichtum der Gesellschaft für die Vermehrung
des Geldes dienstbar gemacht ist. Da hast Du recht, dann fangen auch die
Leute an, ihre eigenen Besitztümer stets nach dem Gesichtspunkt der
Veräußerungsfähigkeit zu beurteilen, ihr ganzes Leben dafür zu verwenden,
"ihrem eigenen Geld nicht Feind zu sein". 

Ich zähl mal einige nicht selbstverständliche Begleiterscheinungen dieser
Gesellschaft auf.

1. Der ungeheure Reichtum, den Menschen produziert haben, ist in einer
Form vorhanden, wo er nur gegen Geld zu haben ist. Obwohl in vielen
Bereichen bereits Überfluß herrscht, existiert das Lebensnotwendige nur in
einer Form, in der die Bedürftigen zunäöchst mal davon ausgeschlossen
sind. Geld ist nur auf der Basis dieses prinzipiellen
Ausschlußverhältnisses sinnvoll. Deswegen muuß es auch im Bereich der
Wissens"ökonomie" gewaltsam hergestellt werden.

2. Der Besitz von Geld kommandiert prinzipiell den Zweck der Produktion.
Das Geld sorgt selbst dafür, daß es ungleich verteilt wird, die Reichen
immer reicher und die Armen immer ärmer werden. Weil die Reichen ja ihren
Reichtum genau dafür einsetzen um reicher zu werden! Darüber hat sich
schon Hegel gewundert: je mehr Reichtum, desto mehr bringt die
Gesellschaft arme Schichten hervor. 

3. Die politische Gewalt, die in dieser Gesellschaft existiert, lebt vom
monetären Ertrag und macht sich der Vermehrung des Geldes durch Schaffung
von Rahmenbedingungen dienstbar. Sozialstaat hieß früher daß jedermensch
im Staate dafür brauchbar bleiben soll, was auch nicht mit der Abschaffung
der Armut einherging. Im Zeitalter der Globalisierungverschwinden solche
Vorbehalte und Existenzrecht wird umgekehrt mit Dienst am produktiven
(siehe 2) Eigentum definiert. Gewalt(monopol)  ist und bleibt freilich
eine der wesentlichsten Dienstleistungen an dieser Gesellschaft. Von der
Annahmeverpflichtung des Geldscheines bis hin zur Pfändung des Schuldners
ist alles durch Androhung und Exekution von Gewalt "geregelt". 

Erste Hinweise darauf: der Wert ist keine gemütliche Sache!

Für diese beiden Punkte scheint es mir eindeutig zu sein, dass auch in 
einer Freiwirtschaft der Anreiz besteht, Reichtum zu akkumulieren. Nur 
falls es gelingt, die Ansammlung von privatem Reichtum zu unterbinden 
(Volkseigener Grund und Boden, Verbot von privaten Goldbesitz?) ist 
dieser Punkt außer Kraft gesetzt. Aber das Ansammeln von Reichtum zu 
verbieten ist m.E. nicht möglich.

Irgendwie merkt noch jeder am Onkel Dagobert, daß das Ansammeln von
Reichtum per se ein eigenartiger Zweck ist. Nochmal: unter welchen
Bedingungen entsteht Onkel Dagobert?

- es gibt einen allgemeinen Ausschluß vom Reichtum
- aller Reichtum ist nur aufgrund einer abstrakten Materiatur von Reichtum
zu haben

das ist keineswegs selbstverständlich. Und übrigens ist so eine
Gesellschaft auch gar nicht mehr als reich zu bezeichnen, wir sind in
Wahrheit arme Hunde.

Franz







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