Re: [ox] Wer ist dieses "wir" ?
- From: PILCH Hartmut <phm a2e.de>
- Date: Sun, 7 May 2006 16:39:48 +0200
Am Sonntag, den 07.05.2006, 15:28 [PHONE NUMBER REMOVED] schrieb PILCH Hartmut:
[...]
- Selbstausbeuterische gemeinnützige Arbeit, wie sie viele Entwickler
freier Software leisten, führt irgendwann zum "Burnout". Wenn nicht
nach einer Weile irgend eine Form der Gegenleistung einsetzt, ist es
mit dem Projekt bald zu Ende.
Du argumentiertest für 1-Euro-Jobs.
Für bestimmte Prinzipien, die im System der "1-Euro-Jobs" Anwendung finden,
und für einen aufgeschlossenen Umgang mit diesem System. Mir ist klar, dass
die Verteufelung dieses Systems die Grundlage für die Existenz einer
Parteigründungsbewegung ist, mit der vielleicht auf Oekonux viele
sympathisieren. Insofern dürfte sich diese Diskussion schwierig gestalten.
Darauf bezog sich meine Kritik.
- Dies gilt auch dann, wenn die betroffene Person anderswo subventioniert
wird. Ich erwarte daher von einem Bürgergeld nicht, dass es die
Leute zu mehr gemeinnütziger/sinnvoller Arbeit hin befreit. Vielmehr
werden die Leute die gewonnene Freiheit weiterhin verwenden, um
private Nachfrage zu befriedigen, die privat belohnt wird.
- Ein System, bei dem Bürgergeld für Nichtarbeiten gezahlt wird und
bei Aufnahme einer Arbeit wegfällt, fördert das Faulenzen.
Na und?
Ich halte ein System mit dieser Wirkung für wirtschaftspolitisch indiskutabel.
Das ist vergleichbar mit dem System der Steuerklassen, bei dem ein Zugewinn an
Bruttoeinkommen zu einer Netto-Einbuße führt. In letzterem Fall handelt es
sich wohl um einen Schildbürgerstreich mathematikschwacher Finanzbeamter, aber
ersterer Fall ist m.E. auch nicht besser. Wenn kein gewichtiger Grund dagegen
spricht, sollte die Relation zwischen Arbeitsleistung und Ertrag für den
Steuerbürger immer eine stetig steigende Kurve darstellen.
- Wenn das Bürgergeld wirklich der Subventionierung gemeinnütziger
(nicht privat nachgefragter) Tätigkeiten dienen soll, dann sollte
seine Zahlung auch von der tatsächlichen Ausführung dieser Tätigkeiten
abhängen.
Aja, und warum?
- Weil Politik nicht nur Wirkungen behaupten sondern auch soweit möglich über
ihre Erreichung Rechenschaft geben und diese kontrollieren sollte
- Wie oben ausgeführt: wenn das "Bürgergeld"-System "sinnvolle" (d.h.
öffentliche statt privater Nachfrage befriedigende) Arbeit ermöglichen
soll, dann muss diese Arbeit von dem System möglichst explizit honoriert
werden. Andernfalls bestehen die bisherigen Anreize fort, und diejenigen,
die tatsächlich die "sinnvolle" Arbeit leisten, verbrennen sich weiterhin
nur selber dabei.
private Nachfrage bedient und daher auf dem "freien Markt" gar nicht
existiert.
Habe ich dich richtig verstanden? Also ist das deiner Meinung nach der
Zweck von 1-Euro-Jobs?
Ich kenne das Hartz-4-System zu wenig, um das zu beurteilen.
Aber zumindest vermute ich, dass man das System der 1-Euro-Jobs in dem oben
genannten Sinne deuten und weiterentwickeln kann.
Ich halte es jedenfalls für fatal, wenn in den Entwicklern freier Software
Leute gesehen werden, für die das Gesetz von Leistung und Gegenleistung
nicht mehr gilt und daraus abgeleitet wird, dass unsere Gesellschaft sich
irgendwie in Richtung auf soziale Utopien hin entwickelt, die versucht
haben, dieses Gesetz aufzuheben. Meine Erfahrung zeigt, dass gerade
diejenigen, die sich für öffentliche Belange verausgaben, dies nur
vorübergehend tun werden, wenn nicht das Gleichgewicht bald wieder
hergestellt wird.
--
Hartmut Pilch http://a2e.de/phm
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