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Re: [ox] Wer ist dieses "wir" ?



Hi,

Am Sonntag, den 07.05.2006, 16:39 [PHONE NUMBER REMOVED] schrieb PILCH Hartmut:
[...]
Für bestimmte Prinzipien, die im System der "1-Euro-Jobs" Anwendung
finden,
und für einen aufgeschlossenen Umgang mit diesem System.  Mir ist
klar, dass
die Verteufelung dieses Systems die Grundlage für die Existenz einer
Parteigründungsbewegung ist, mit der vielleicht auf Oekonux viele
sympathisieren.  Insofern dürfte sich diese Diskussion schwierig
gestalten.

Hm, ich kann keine Aussage über sonstige Sympathien treffen, die
Unterstellung ist in meinem Falle allerdings vollkommen unangebracht.
Dieser Haufen (a.k.a. Parteigedöns) interessiert mich nur in sofern, als
dass ich ihn für reaktionär halte.
[...]
Na und?

Ich halte ein System mit dieser Wirkung für wirtschaftspolitisch
indiskutabel. Das ist vergleichbar mit dem System der Steuerklassen,
bei dem ein Zugewinn an Bruttoeinkommen zu einer Netto-Einbuße führt.
In letzterem Fall handelt es sich wohl um einen Schildbürgerstreich
mathematikschwacher Finanzbeamter, aber ersterer Fall ist m.E. auch
nicht besser.  Wenn kein gewichtiger Grund dagegen spricht, sollte die
Relation zwischen Arbeitsleistung und Ertrag für den Steuerbürger
immer eine stetig steigende Kurve darstellen.

Entschuldige bitte, aber das ist das Geschwätz eines Politikberaters.
Auf so einen Diskurs will ich mich nicht einlassen. Ich halte die Sorge
um die gute Wirtschaftspolitik für die falsche Idee.

Aja, und warum?

 - Weil Politik nicht nur Wirkungen behaupten sondern auch soweit
möglich über ihre Erreichung Rechenschaft geben und diese
kontrollieren sollte

OK. Meine Illusionen bezüglich »Politik, wie sie sein sollte« halten
sich in Grenzen.

Wie oben ausgeführt: wenn das "Bürgergeld"-System "sinnvolle" (d.h.
öffentliche statt privater Nachfrage befriedigende) Arbeit ermöglichen
soll, dann muss diese Arbeit von dem System möglichst explizit
honoriert erden.  Andernfalls bestehen die bisherigen Anreize fort,
und diejenigen, die tatsächlich die "sinnvolle" Arbeit leisten,
verbrennen sich weiterhin nur selber dabei.

Es gibt keine sinnvolle Arbeit. Und schon gar nicht entscheidet sich der
Sinngehalt einer Arbeit daran, wie sie finanziert wird.
[...]
Habe ich dich richtig verstanden? Also ist das deiner Meinung nach 
der Zweck von 1-Euro-Jobs?

Ich kenne das Hartz-4-System zu wenig, um das zu beurteilen.

Aber zumindest vermute ich, dass man das System der 1-Euro-Jobs in dem
oben genannten Sinne deuten und weiterentwickeln kann.

Leider interessieren sich jene, die Hartz IV zu verantworten haben
relativ wenig für deine Deutung.

Ich halte es jedenfalls für fatal, wenn in den Entwicklern freier
Software Leute gesehen werden, für die das Gesetz von Leistung und
Gegenleistung nicht mehr gilt und daraus abgeleitet wird, dass unsere
Gesellschaft sich irgendwie in Richtung auf soziale Utopien hin
entwickelt, die versucht haben, dieses Gesetz aufzuheben.  Meine
Erfahrung zeigt, dass gerade diejenigen, die sich für öffentliche
Belange verausgaben, dies nur vorübergehend tun werden, wenn nicht das
Gleichgewicht bald wieder hergestellt wird.

Also die Fragestellung ist IMHO nicht »soziale Belange« vs.
»wirtschaftliche Belange«. Ersteres ist ein temporärer erkämpfter
Kompromiss unterschiedlicher Interessen, die es nicht zu verhandeln
gäbe, wäre die Struktur nicht so wie sie ist.

Gruß, Lars
-- 
      "Kriterium des Wahren ist nicht seine unmittelbare
          Kommunizierbarkeit an jedermann"
         -- Theodor Wiesengrund Adorno, aus: »Negative Dialektik«

name: Lars H. Strojny      web: http://strojny.net 
street: Engelsstraße 23    blog: http://usrportage.de
city: D-51103 Köln         mail/jabber: lars strojny.net
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