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Re: [ox] GPL-Gesellschaft - Linux - Ware - Produktionsmittel



Hallo Benni,

Benedikt Huber schrieb:

Also ob nur die Arbeit allein wertschaffend ist, 

zuerst solltest du zwischen Gebrauchswert und Tauschwert unterscheiden.
Naturgegenstände können einen Gebrauchswert haben, haben aber keinen
Tauschwert. 
Erst mit der Entstehung von Eigentum an Grund und Boden können
Naturprodukte einen Preis, wenn auch keinen Tauschwert bekommen. (Also
einen Preis, obwohl keinen Wert. Dieser Preis, der auf der Grundrente
und nicht dem Tauschwert beruht, hat seinen Grund im Gewaltverhältnis,
welches durch das Eigentum kontituiert wird.)

das ist eine reine marxistische Spekulation und führt in der Praxis zu gar
nichts! 

Dies ist keine Spekulation. Ich kann dir nur emphehlen, die Marxschen
Analysen zu diesem Thema zu studieren. Mir ist jedenfalls keine
wissenschaftlichere Darstellung dieses Themas bekannt.

Begriffe sind dazu da, sinch der Wirklichkeit anzunähern und nicht eine neue Abgehobene 
Wirklichkeit zu bauen und der sie der Realität überzustülpen!

Meiner Meinung nach sind Begriffe dazu da, die Wirklichkeit zu
_begreifen_.
Ich bin nicht sicher, aber ich vermute, dass du da ein sehr triviales
Wissenschaftsverständnis vertritts. So in Richtung Popper. Es gibt da
aber noch mehr Richtungen, welche die Auffassung vertreten, dass Wissen
sich an eine _objektive_ Realität immer mehr annähert, aber niemals ein
gesichertes Wissen möglich ist.
Diese Auffassungen machen die Rechnung ohne den Wirt.
Auch wenn ich kein Anhänger von Descartes bin, so hat er doch ein
absolut wahres Urteil gefällt: Ich denke, also bin ich.
Das lässt sich vulgarisieren.
Ich esse, also bin ich.
Ich trinke, also bin ich.
Ich atme, also bin ich.
Selbst wenn du zu "essen", "trinken", "atmen" sprachkritisch nachweisen
kannst, dass die Bezeichnungen für diese Tätigkeiten nicht zutreffend
sind, kannst du die Sachverhalte nicht aus der Welt schaffen und als
nicht-Wirklichkeit deklarieren.
Um zu dem obigen Annähern an die Wirklichkeit zurückzukommen.
Ich nähere mich meinen Essen nicht nur, sondern ich verzehre es
wirklich, sonst hätte ich nichts davon.
Spannend ist an dieser Überlegung, daß ja, genau wie es mal einen
Überfluß an Boden gab, da er durch Urbarmachung von Wildnis, die noch
nicht in Privatbesitz war, beliebig gewonnen werden konnte, heute ein
Überfluß an Wissen gibt, da dies durch Gehirne in beliebiger Menge
erzeugt werden kann. Damit sich nun aber in der Wissensgesellschaft
eine neue herrschende Klasse installieren kann, muß die Autonomie des
Einzelnen über sein eigenes Gehirn abgeschafft und dieses in den
Privatbesitz des Herrschenden überführt werden. Inwieweit dies
bereits im Gange ist, z.B. durch Verdummung durch die Massenmedien,
wäre noch zu prüfen.


Nicht jedes beliebige Wissen ist automatisch von Wert oder
als Produktionmittel zu betrachten. _Standards_ sind ein
Produktionsmittel weil sie den Austausch und die Zusammenarbeit
ermöglichen. Dazu müssen sie allerdings (mehr oder weniger)allgemein
anerkannt sein. Da es nicht beliebig viele Standards geben kann,
sind auch diese ein begrenztes, allerdings auch ein vermehrbares Gut.

Selbstverständlich können diese ohne weiteres privatisiert werden.

Die sind doch privat.

Es wäre zum Beispiel nur nötig, dass durch ein Gesetz die Verwendung
von Microsoft-produkten z.B. zur Versendung von Email erzwungen
wird.

In diesen Tagen hat Microsoft einen Prozess verloren. Ich denke, dass du
dich mit deinen Überlegungen gerade in die absolut falsche Richtung
bewegst. Die Konkurrenz des Kapitals lässt doch gerade nicht zu, dass
Email _nur_ mit Microsoftprodukten möglich ist.
Andererseits muessen Microsoftprodukte doch nicht zur Privatisierung
erzwungen werden, die sind privat, sie gehören Microsoft und die
Benutzer müssen dafür Lizenzgebühren bezahlen. Im Unterschied zu Autos,
Fernseher, Computer, Waschmaschinen kann Software (zumindest in aller
Regel) gar nicht gekauft werden, sondern nur eine Gebrauchslizenz
erworben werden.
Du kannst zwar in den Besitz von Office 97 kommen , aber niemals
Eigentümer von Office 97 werden. 
Du kannst Eigentümer deines Hauses, Autos, Computers etc. werden, aber
nicht Eigentümer des Betriebssystems, mit dem du deinen Computer
betreibts.

Sowas wurde schon versucht und wird auch wieder versucht werden.
Wer weiss ob nicht AOL irgendwann das ganze Internet kauft.
 
Von wem soll den AOL das _ganze_ Internet kaufen. Da müsste es doch
einen Eigentümer geben, der der sein Eigentum an jemanden anderes
veräussert. Hier müsstest du Ross und Reiter nennen.

Ich habe das eher so verstanden, daß man nur für die Tätigkeit des
Programmierens, nicht aber für das Ergebnis kassieren darf. Das
Ergebnis darf also in keinem Fall proprietär werden. Ein Freund von
mir hat zum Beispiel gerade ein freies Vorlesungsscript im Auftrag
seines Professors gegen Bezahlung erstellt.


Wieso es gibt genügend kommerzielle Produkte die auf Linux laufen,
Oracle oder SAP z.B. die werden aber nie die Unterstützung bekommen
die die freien Produkte eben haben.

Ich finde es nicht "böse", kommerzielle Produkte zu erstellen, zu
verkaufen und auch zu kaufen und ich tue es auch wenn es dafür
gute Gründe gibt. Nur oft ist es besser freie Produkte zu verwenden
und zu unterstützen - aus wohl verstandenem Eigeninteresse.

Spannend ist es, diesen weiteren Dialog zu untersuchen. Habe aber gerade
keine Zeit dazu.
 
Tschau, Beni

Tschüß,
Thomas

Gruss Ingo.

---------------------
http://www.oekonux.de/



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