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Re: [ox] Alieniesierung freier Software



Hi Benni,

bist du angefressen? Wg. des Idealismusvorwurfes? Ich will da nicht
drauf rumreiten, ich finde, Annette hat da sehr Gutes dazu geschrieben.

Mir geht es um die gleiche Ebene der Debatte. Wenn zwei Menschen (wir
z.B.) auf unterschiedlichen Ebenen reden, reden sie aneinander vorbei.
Kategorien kann man empirisch nicht "widerlegen", die kategoriale und
die empirische Ebene sind einfach zwei verschiedene.

Sowas ähnliches ist auch in dem Kurz-Aufsatz, den Kurt-Werner postete,
angesprochen. Du kannst nicht die Synapsen angucken und Gehirnströme
messen und dann über Bewußtsein reden. Da widerspreche ich auch Ingo
(anderer Thread).

Benni Bärmann schrieb:
Dürfen darf hier jede/r doch fast alles, oder? Aber reden wir miteinander oder
aneinander vorbei? Ich meine, aneinander vorbei, wenn wir sie nur zur deinen
Spielregeln diskutieren können.

Du sagst mir ich würde den Keimformbegriff nur idealistisch kritisieren und
nur materialistische Kritik sei zulässig.

Nein, sage ich nicht. Ich sage: Mir kommt es so vor, als ob die
Keimformthese als "Idee" auffasst und sie mit einer anderen "Idee",
nämlich der der Aliens unter uns, kritisierst. Das kannst Du machen,
aber ich antworte: Es betrifft die Keimformthese nicht. So sehe ich das
- über die Zulässigkeit irgendeiner Diskursform habe ich nicht zu
entscheiden.

Du bist absolut nicht mein Gegner!

Doch für die Dauer und die Reichweite dieser Diskussion schon. Ist das ein
Problem? Gegner sein, heisst ja nicht, dass man nicht zusammen arbeitet.
Siehe Thread Kooperation/Konkurrenz. Aber ich beharre auch nicht darauf,
Gegner sein zu muessen. Für mich gibt es nur in einer produktiven Diskussion
bis zu einem gewissen Mass immer Gegner.

Sprachspiel? Gegnerschaft und Konkurrenz kommt als Bewegungsform von
Erkenntnis für mich aus dem Wertvergesellschaftsungsmodus: ich setze
mich auf Kosten des Gegners durch. Das kennt dann auch kein Maß. Daran
habe ich kein Interesse. Zu Kooperation/Konkurrenz habe ich eine andere
Position: Es handelt sich um einen Widerspruch.

...
Du machst da so ein vorher-nachher auf. Das gibt es aber nicht. Natürlich
muss man wissen, worüber man redet, wenn man von "Keimform" spricht. Tue ich
glaub ich auch, aber man kann - und muss - sehr wohl auf dieser Grundlage
dann auch darüber reden was daraus werden könnte. Aber da sind wir uns wohl
sowieso einig. Mir kommen halt in Deiner Analyse bestimmte Aspekte zu kurz.

Was Du dann aber benennst, hat mit der Analyse selbst nichts zu tun. Du
beschäftigst dich ja nicht mit der Analyse, sondern nennst weitere
(empirische) Aspekte - was ok ist, aber wie gesagt, nichts mit der
Analyse zu tun hat. Es handelt sich um eine andere Ebene, s.o.

Deswegen ist meine Leitfrage eher: Ist xy "objektiv" eine Keimform oder nicht.
Deine scheint mir eher zu sein: Warum ist xy "subjektiv" keine Keimform.
Die
zweite Frage geht an der Sache vorbei: Keimform oder nicht ist keine Frage des
Wollens oder blossen Dafürhaltens etwa der Akteure.

Die Theoretiker, die sich den Begriff ausdenken sind doch aber auch Akteure.

Aber einer auf einem anderen Terrain. Ich gewinne meine "Theorien" nicht
aus meiner Praxis als Entwickler Freier Software. Sicher geht meine
ganze Persönlichkeit und so auch meine FS-Tätigkeit in die
Theorieentwicklungspraxis ein - aber dazu gehört eben auch meine
Einschätzung, dass es sich um verschiedene Bewegungsformen von
Erkenntnis handelt, deren Differenz aufrechtzuerhalten ist, um sie
produktiv zu halten.

Ich glaube da sind wir einfach unterschiedlich. Ich kann damit was anfangen.
Vielleicht erfüllt das, was ich damit mache, nicht Deine Ansprüche von
Objektivität, Wissenschaftlichkeit oder was auch immer. Aber mir ganz
persönlich bringt diese Beschreibung auch ein mehr an Analyse. Und da das
Ganze so metaphernmäßig daherkommt und aber was abdeckt, was ich bei Dir
immer nicht finde, scheint mir das vor allem darauf hinzudeuten, dass in
Deiner Analyse für meine Bedürfnisse irgend etwas fehlt.

Ok, die Kritik nehme ich an. Ich meine es auch selbst: Es ist ein sehr
kleiner Ausschnitt. Ich habe auch eine Vorstellung, was da fehlt. Aber
schlicht: ich habe nicht die Kraft, dass Defizit auszuräumen, und andere
Herangehensweisen in dem Feld sind für mich nicht angemessen. Die
Betonung liegt auf den Herangehensweisen, nicht auf den (auch
literarischen) Beschreibungen selbst.

Ich bin nun scheinbar leider nicht in der Lage, das in eine Form zu giessen,
die Deinen Ansprüchen genügt.

Me too.

Ich kann halt nicht mehr machen als versuchen
Dir zu verdeutlichen, wo da irgendwas fehlt.

Dito vice versa.

Du selbst kannst damit leider
nicht so viel Anfangen so wie es aussieht also ist dieser Versuch wohl
gescheitert.

Da bin ich nicht so pessimistisch. Wenn ich bestimmte Punkte aus der
Flut von Mails und Gedanken herauspicke und dazu was schreibe, dann doch
deswegen, weil ich das erstmal grundsätzlich wichtig finde. Kritik
bringe ich dann eben gerade nicht, weil Du mein Gegner bist, sondern
gerade weil ich finde, _dass_ da was dran ist. Es sagt mir was, ich
finde es wichtig! Und vielen deiner Gedanken kann ich auch voll
zustimmen - auch wenn ich es nicht jedesmal explizit schreibe, wie bei
so vielen anderen auch:-(

Im Unterschied zur "Theorie der freien Kooperation" (um mal ein anderes Beispiel
von Christoph Spehr zunehmen) halte ich "Alienisierung" für keine Theorie. Das
hat nix mit unterbügeln zu tun - ich sehe es halt so (willst du doch nicht
glattbügeln, oder;-)).

Nö, ne Theorie im klassischen Sinne ist das sicher nicht. Aber eben ein
Hinweis auf eine Fehlstelle. Theorie scheitert ja auch nicht an anderen
Theorien sondern an Praxis. Sozusagen die Schwarzkörperstrahlung.

Spätestens dann muss es aber Theorie geben, um das Scheitern auf den
Begriff zu bringen. Theorie kann in der Praxis scheitern, aber widerlegt
werden kann sie in der Praxis nicht - das geht nur theoretisch.

Ausserdem finde ich, wie gesagt, dass der Alienbegriff eben gerade Sachen
ins Blickfeld rückt, die Dir entgehen. Meine Mail war vor allem dazu gedacht
um das mal exemplarisch auszuprobieren.

Und ich habe deswegen nach längerer Zeit darauf geantwortet, um deutlich zu
machen, das mir diese Phänomene sehr wohl bekannt sind, ich sie aber aber anders
einschätze.

Nämlich? Sags nochmal für mich langsam zum mitschreiben. Einfach als
Auswuchs der Verwertung? Sozusagen sekundär?

Ich habe ja zu den fünf Punkten was geschrieben. Sicher unzureichend,
aber um deutlich zu machen, dass ich die Dinge anders einschätze. Deine
Frage zielt jetzt aber auf eine umfassende alternative Darstellung
dessen, was du mit den fünf Punkten angesprochen hast, ab. Die habe ich
ich nicht. Leerstelle. Ich hoffe ein klein wenig, dass wir sie doch hier
oder vielleicht auch beim Buckprojekt
(http://www.opentheory.org/buchprojekt) füllen können. Das Ganze
betrachte ich sowieso nicht als mein individuelles Ding...

Da kommen dann aber die erkenntnistheoretischen Grundfragen (und um die
geht's bei uns ja) wieder auf den Tisch. Schaun wir mal...

Ciao,
Stefan

-- 
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