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Re: [ox] Neu hier - Geld und Tauschhandel



Hallo Casimir,

Zuerstmal möchte ich sagen, dass ich hiermit niemanden
verarschen möchte. Ich bin auch nicht allwissend und 
kann alle Einwände 100% widerlegen. Mir leuchtet diese 
Theorie halt sehr gut ein. Ich sehe es auch nicht als 
"Verschwörungstheorie" an wenn ich denke dass Geld als
Macht-, Schuld- und Zwangsinstitution in die Welt kam,
denn das ist es auch heute noch viel mehr als nur 
Tauschmittel.

Wenn ich mir Stammesvölker ansehe, scheinen die wenig
Neigung zur Mehrproduktion, Effektivierung usw. zu haben.
Auch die Arbeitsteiligkeit ist eher schwach ausgeprägt
bis auf die Geschlechterrollen.

Bis in unsere Tage werden Kleinbauern, Jäger und Sammler
durch Gewalt aus der Subsistenzwirtschaft vertrieben und
zu städtischen Slumbewohnern und Objekten der Ausbeutung
gemacht. Wo wurde je beobachtet, dass ein Volk ohne Zwang
eine Wirtschaft mit Geld, voller Arbeitsteilung, Verschuldung
usw. begann? Dafür gibt es keine Belege.

Sehr wohl hingegen dafür, dass Herrscher Metallgeld
einführten, Steuern erhoben die in diesem Geld bezahlt werden
mussten, das der Herrscher brauchte um stehende Söldner-Heere
zu finanzieren was weder mit Vieh noch Getreide geht.

Es gab und gibt viele Völker mit gering ausgeprägten
Herrschaftsstrukturen. Solche Völker haben auch keine eigenes 
Geld entwickelt.

Kannst Du mir abnehmen dass ich das nicht als Witz sehe,
sondern als ernsthafte Möglichkeit? Ich fände es nett wenn Leute
mit mir ernsthaft die Fürs und Widers dieses Konzepts 
diskutieren würden, anstatt es von Anfang an in eine
absurde Ecke stellen zu wollen, weil es den Schriften von
K. Marx widerspricht. ( Mumpeln, Chipkarten )

Gruss, Beni

Casimir Purzelbaum wrote:

 > Was sind "Mumpeln" ? Chipkarten gabs noch nicht.

Bingo! -- Aber das ist doch nach Deiner eigenen Argumentation gar kein
Argument:

 > Der Herrscher ( "Mumpel-/Chipkartenherr" ) gibt die
 > Mumpeln/Chipkarten aus, die Menschen können damit ihre Schulden bei
 > ihm bezahlen...

Wo ist da -- nach Deiner Denke -- das Problem?

Ja lass uns doch etwas etwas von dieser Gedankenspielebene wegkommen,
das finde ich etwas verwirrend. Der Herrscher könnte natürlich sagen,
ich kriege von Euch Mumpeln, und die könnt ihr bei mir gegen die 
Sachen eintauschen, die ich aufgrund meiner momentanen Bedürfnisse
grade anzunehmen geruhe. Dann wären Mumpeln halt ein anderes Wort
für Geld.

Das geld muss hat zum zeitpunkt der Fälligkeit der Schuld existieren,
nicht früher. Ich verstehe Deine Fragen nicht ganz. Der Herrscher
"erfindet" oder "setzt"" das Geld in dem Moment, wo er die Schuld
auferlegt. Zum Zeitpunkt der Zahlung jedoch muss das Geld real im
Umlauf sein. Also kann die Schuld bzw die Steuer vor dem Geld
existieren. Als konzept kommt das Geld natürlich schon mit der
(Geld)-Schuld in die Welt.

Der Herrscher wird natürlich keine Schulden in Chipkarten auferlegen, 
denn die kann er nicht in Umlauf bringen, denn 2000 v Chr kann er
sie nicht herstellen lassen, und damit können dienen sie nicht dazu
dienen, Waren und Dienstleistungen zu ihm zu bewegen.

Hätte mich Dein Ansatz nicht so verwirrt, dann hätte ich vielleicht
einfach nur gefragt, warum die Herrscher damals noch kein Papiergeld
eingeführt haben.

Müsste man mal checken ab wanns das gab ...


[ keine Naturalien als Abgabe? ]

...
Also, da Du keine Fakten bringst, obwohl Du Dich in Geschichte besser
auskennst, hier mal ein Ausschnitt aus der Geschichte des
Zweistromlands (Lagasch ca. 23. Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung):

«Das Archiv der Tempelwirtschaft der Göttin Baba zeigt, daß sich ihr
Bodenbestand in drei Kategorien gliederte. Zur ersten gehörte die
eigentliche Tempelwirtschaftserde, die von den Gemeindemitgliedern
... bearbeitet wurde. Die zweite Kategorie waren die Bodenanteile, die
einem Teil des Tempelpersonals -- kleinen Verwaltern, Ackerbauern und
Handwerkern -- als "Versorgungsgrundlage" zugeteilt wurden. Solche
"Versorgungsgrundlagen" erhielten auch die Krieger des Tempels. Das
System der "Versorgungsgrundlagen" ... wurde später auch in den
Wirtschaften der Großherrscher angewandt... Die anderen Grundstücke
wurden allen, die es wollten, gegen einen Anteil an der Ernte
überlassen.»

natürlich gab es Naturalien als Abgabe, genauso wie es Naturaltausch
gab. Es ging doch darum ob Geld eingeführt wurde um Abgaben zu 
effektivieren oder um Tausch zu effektivieren. Es wäre absurd, die
Existenz von Naturalabgaben in allen Zeiten zu verleugnen oder zu
behaupten, die Abgabe wäre erst mit dem Geld in die Welt gekommen!

...

Hätte, würde, könnte -- alles Quatsch: Was meinst Du wohl worauf
Djingis Chan & Co. gesessen haben?! Und wo das herkam?! Oder waren das
keine Herrscher? Und daß die Herrscher in Mesopotamien
Getreidespeicher betrieben und damit sehr wohl diverse Dienste und
anderes 'eintauschten' hast Du hier auch einfach ausgelassen. Die
haben sogar Land gehortet und wieder verteilt (um sich der
Naturalabgaben und Dienste von den Empfängern zu versichern), obwohl
das noch viel unhandlicher ist als Getreide und Vieh zusammen
genommen -- und da waren sie nicht die Einzigen!

Wie gesagt, das war eben vor-geldlich ...

Entschuldige, aber das zieht einem doch die Schnürsenkel aus den
Gummistiefeln:

 > Jeder kann Vieh züchten, das käme dem gleich dass jeder Geld drucken
 > könnte.

Hast Du schonmal davon gehört, daß Menschen verhungert sind?!
(unabhängig davon ob es Geld-Steuern gab oder nicht)
    (-- Oder meinst Du, daß das, was wir als Hungersnöte bezeichnen,
     in Wirklichkeit Fleischvergiftungen durch zu hohen Verzehr von
     Vieh waren, das ja jeder züchten konnte?)

... Ich sagte doch nicht dass alle Menschen zu jeder zeit Überfluss
an Fleisch hatten. Ich sagte nur dass es uneffektiv ist eine bestimmte
Ware als Tauschmittel zu verwenden, denn dann hängen alle Preise,
auch die Steuern letztlich von der gerade herrschenden Knappheit bzw dem 
Überfluss dieser Ware ab. Und wenn eben Vieh über den Bedarf an 
Fleisch hinaus produziert wird, nur um Steuern zu bezahlen, dann
hat der Herrscher ein Problem, denn er will ja nicht zum Viehhändler 
werden, das bringt ihn bei seinen Kriegen usw nicht weiter.

....

Wie erklärst Du, daß es gerade der 'Ensi' war, der zunehmenden Einfluß
gewann? Wenn nicht aus dem Grunde, daß er der Oberverwalter des
Bewässerungssystems war? Wie erklärst Du, daß es auf einmal
ausgerechnet Enentarsi war, der zum Herrscher von Lagasch wurde und
die Priester in den Hintergrund verdrängte? -- Und warum ihm dann auf
einmal faktisch mehr als die Hälfte des Bodens von Lagasch gehörte?!

Sorry, ich bin nicht so fit mit Ensi und Lagasch.


Das hätte der Herrscher -- nach Deiner Logik -- nämlich einfach mit
einem Monopol auf Vieh-Prägung verhindern können. Beim Geld hat's doch
auch geklappt!  Sonst hätten seine Söldner eben die Hütten
niedergebrandt und die Bäuche aufgeschlitzt! Im Interesse der
Stabilität des Viehwerts.

Das ist interessant, vielleicht hats das auch gegeben.


Viel Spaß noch beim Betrachten des Zusammenhangs zwischen Begriffen,
Vorstellungen, Einbildung & Realität! Es wäre auch hilfreich, wenn Du
die Widersprüche zwischen Deinen Argumenten selber kommentieren
würdest -- einfach um den Eindruck zu vermeiden, Du wollest uns (mich)
hier wirklich nur verarschen. Danke

und Gruß, Casimir.
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