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Re: [ox] Neu hier - Geld und Tauschhandel



Hallo Holger,

Es ging doch um die Frage wie kommt Geld in die Welt.

Geld unterscheidet sich IMHO durch zwei Dinge, von irgend 
welchen Gebrauchsgegenständen bzw Waren.

Geld hat keinen Gebrauchswert.

Geld wird nur vom Herrscher/Staat oder von ihm dazu
Bevollmächtigten ausgegeben.

Keinesfalls bestreite ich dass auch mit Waren getauscht
werden kann und Abgaben bezahlt wurden, sofern der Herrscher 
dies erlaubte/forderte.

Wenn ein Herrscher Geld einfuehrt um seine Steuern darin
zu erheben hat das für ihn grosse Vorteile, gegenüber
Waren. Er kann in einer ganz allgemeinen Form eine
Überschussproduktion "seines" Volkes mobilisieren, die
er in der ihm beliebenden Form, sei es als Ware oder 
Dienstleistung auf dem Markt, welchen er durch seinen
Steuerdruck erst selbst erzwingt, einfordern kann.

Das Geld bringt somit eine ungeheure Dynamisierung in die 
Sache, also konkret in Herrschaft, Macht und Kriegführung.

Stell Dir vor wie schwierig es ist als Herrscher z.B.
10000 Stück Vieh in Waffen für einen Krieg umzutauschen.

Die Leute könnten sagen, wir brauchen Vieh um unsere Steuern 
zu bezahlen, also schmiedem wir Waffen, tauschen in beim
König dafür Vieh ein und zahlen damit die Steuern, so
wie beim Geld. Wahrscheinlicher würden sie aber eher versuchen 
mehr Vieh zu züchten, als Waffen schmieden zu lernen.
Wenn Du daran denkst ein Heer mit Vieh zu entlohnen wirds 
schon echt schwierig.

Das Vieh-geld könnte als Zwangsmittel nur bei einer Viehknappheit 
funktionieren, bei einer Knappheit, die so hart ist wie die
Drohung des Steuereintreibers, Dir den Kopf abzuhauen.

Haben die Menschen erst mal kapiert, dass sie ohne Geld
nicht leben können, so wie wir heute, läufts für den Herrscher
wie geschmiert.

Holger Weiss wrote:

* Benedikt Huber <bhuber special-net.de> [2002-11-06 16:29]:
Ich fände es nett wenn Leute
mit mir ernsthaft die Fürs und Widers dieses Konzepts
diskutieren würden, anstatt es von Anfang an in eine
absurde Ecke stellen zu wollen, weil es den Schriften von
K. Marx widerspricht.

_Niemand_ hat hier auch nur im _Ansatz_ das gemacht, was Du
ueberfluessigerweise unterstellst. Wer behauptet, Marx' Analyse sei
nutzlos, ohne auch nur eine leise Ahnung davon zu haben, was Marx
ueberhaupt schreibt, sollte sich mit derlei Dogmatismus-Vorwuerfen gegen
andere ein wenig zurueckhalten.

Du hast recht ich sollte nicht ohne Zweck irgendwelche 
Heiligen anpissen und die gefühle der menschen verletzen. Es wurde 
geschrieben Marx hätte die bisher beste Beschreibung der Entstehung 
des Geldes verfasst.
Ich hab sogar vor 25 Jahren mal ne Marxschulung gemacht und glaube 
mich zu erinnern, dass er ungefähr sagt, die Leute hätten halt einfach
so das Geld erfunden um effektiver zu wirtschaften, ohne
weitere konkrete historische, archäologische oder völkerkundliche
Belege. 
Es scheint ja auch auf den ersten Blick total naheliegend
und selbstverständlich, so dass es sofort einleuchtet und steht
auch nicht im Widerspruch zur gängigen Meinung. 

Als ich auf die andere Theorie stiess, hat sie mir halt besser
eingeleuchtet (Und passt allgemein besser in mein anarchistisches
Weltbild).


Ein letzter Versuch, auf den Kern der Sache zu kommen:

Du muesstest dann trotzdem noch erklaeren, warum es ueberhaupt ein
Problem ist, wenn die Preise fuer alle Waren (sowie die Steuern) fallen
oder steigen. Du wolltest doch von Marx weg: Die neoklassische VWL lehrt
in jeder VWL 1 Vorlesung, dass es voellig irrelevant ist, wieviel Geld
es gibt. Das klassische Beispiel (durfte ich mir auch anhoeren): Kommt
ein Hubschrauber ueber's Land geflogen und wirft einfach nochmal so viel
Geld ab, wie es schon gibt, hat sich halt die Geldmenge verdoppelt,
woraufhin sich alle Preise (und Steuern) verdoppeln, fertig aus.
Verdoppeln die Leute ihre Viehzuechtung, gilt dasselbe, oder etwa nicht?
Nein, da kommt Dein zweiter Punkt in's Spiel:

Nun diese Sicht ist natürlich statisch. Statisch gesehen ist es 
Egal ob eine Semmel 10 Cent oder 10 Euro kostet. Dynamisch gesehen
bringt es natürlich grosse Probleme wenn Preise steigen oder sinken,
da dann Schulden und Guthaben die Euro lauten ent- beziehungsweise 
aufgewertet werden, und somit Kalkulationen in die Hose gehen und 
Leute pleite.


Und wenn eben Vieh über den Bedarf an Fleisch hinaus produziert wird,
nur um Steuern zu bezahlen, dann hat der Herrscher ein Problem, denn
er will ja nicht zum Viehhändler werden, das bringt ihn bei seinen
Kriegen usw nicht weiter.

Nein! Du hast immernoch nicht begriffen, dass der Gebrauchswert des
Vieh, _insofern_ es die Geldware waere, _nicht_ in der Tatsache liegt,
dass man das Fleisch verzehren kann, sondern _ausschliesslich_ darin,
dass es jederzeit gegen jede beliebige Ware eintauschbar waere. Auch
Gold hat, genau wie Vieh, einen von den Geldfunktionen unabhaengigen
Gebrauchswert: Es kann als Schmuck dienen etc. Beide Gebrauchswerte
haben _nichts_ miteinander zu tun.

Nochmal anders: Du verstehst das Vieh hier eben _nicht_ als Geldware,
denn Du denkst, der Herrscher kann es nur demjenigen andrehen, der den
"normalen" Gebrauchswert des Viehs haben moechte, weil er hungrig ist.
Waere das Vieh aber von der Gesellschaft als _Geldware_ _anerkannt_
gewesen, haette _jeder_, auch ein Vegetarier, dem Herrscher das Vieh
abgenommen! Warum? Weil auch der Vegetarier gewusst haette, dass er das
Vieh jederzeit auf jedem Obstmarkt unmittelbar gegen Obst eintauschen
kann.

Siehe oben

m G, Beni
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Organisation: projekt oekonux.de


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