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Re: [ox] Alieniesierung freier Software



Hi Benni, all,

Benni Bärmann schrieb:
Tach Stefan und andere, falls hier noch jemand mitliest...

Ja, wir driften ab... Aber zum Mitlesen wird ja niemand gezwungen;-)

Mir geht es um die gleiche Ebene der Debatte. Wenn zwei Menschen (wir
z.B.) auf unterschiedlichen Ebenen reden, reden sie aneinander vorbei.
Kategorien kann man empirisch nicht "widerlegen", die kategoriale und
die empirische Ebene sind einfach zwei verschiedene.

Ich muss nochmal ganz doof nachfragen: empirisch ist der Alienansatz und
kategorial die Keimform?

"Alien" ist für mich eine literarische Metapher, ein nettes Bild. Wenn
du mit dieser Metapher wirkliche Phänomene beschreibst, dann ist das aus
meiner Sicht empirisch. Keimform ist für mich eine Kategorie.

Sowas ähnliches ist auch in dem Kurz-Aufsatz, den Kurt-Werner postete,
angesprochen. Du kannst nicht die Synapsen angucken und Gehirnströme
messen und dann über Bewußtsein reden. Da widerspreche ich auch Ingo
(anderer Thread).

Ja ja und nochmals ja. Das genau ist doch auch meine Position. Nur ich sehe
eben die "idealistischen" Probleme von Gesellschaft hier analog zum
Bewußtsein und die "materialistischen" analog zu den Neuronen. Hatte ich ja
auch in meiner Mail zu Materialismus vs. Idealismus (auf die Annette
geantwortet hat) geschrieben.

Siehst Du das umgekehrt?

Ich kann deine Analogisierung nicht nachvollziehen. Ich sage doch nicht:
"Du kannst nicht die Synapsen angucken und Gehirnströme messen und dann
über Bewußtsein reden, also lass uns ab da mal idealistisch vorgehen."
Nein, überhaupt nicht. Ich würde das (häufig anzutreffende)
Naturwissenschaftsverständnis als "mechanisch-materialistisch"
bezeichnen. Die haben kapiert, wie Körper wechselwirken oder die Zellen
funktionieren und meinen, dass sie dieses Herangehen nun auch auf
Bewusstsein übertragen können - Quark. Siehe auch die Mail zu Ingo.

Was Du dann aber benennst, hat mit der Analyse selbst nichts zu tun. Du
beschäftigst dich ja nicht mit der Analyse, sondern nennst weitere
(empirische) Aspekte - was ok ist, aber wie gesagt, nichts mit der
Analyse zu tun hat. Es handelt sich um eine andere Ebene, s.o.

Aha. Nur warum sollte mich eine Analyse interessieren, die ich empirisch
nicht wiederfinde?

Das, was du empirisch findest, ist immer kategorial vorstrukturiert -
auch wenn du dir darüber nicht bewusst Rechenschaft ablegst. Es gibt
also nicht "die" Empirie, es gibt sie nur soweit, wie du sie aus der
unendlichen Vielfalt ausgliederst auf Grundlage deiner Kategorien
(vereinfacht gesagt: deines Welt- und Menschenbildes). Es ist also nicht
so, dass da "die" Empirie ist, und dann kommt da einer daher, der sagt,
hier hast du analytisches Werkzeug, und das "passt nicht".

Wenn dich nur die Analyse interessiert, die du auch spontan
wiederfindest, dann hast du dich immunisiert gegen andere Sichten. Und
da das Spontane meist das Nahegelegte ist, also die "objektiven
Gedankenformen" (Marx), die diese Gesellschaft erfordert, blendest du
ein bestimmtes Spektrum sehr grundsätzlicher Alternativen
("widerständiger Gedankenformen" sozusagen) aus.

Ich meine nicht, das das bei dir so ist - das kann ich ja gar nicht
wissen, das kannst nur du selbst. Ich wollte nur kurz die grundsätzliche
Form der Selbstimmunisierung skizzieren, dem sich wohl keiner wirklich
entziehen kann, dann wir müssen immer wieder in den gegebenen
Verhältnisse und unter Akzeptanz derselben auch handeln.

Kritik braucht die kategoriale Ebene, auf der bloß empirischen Ebene
bekommst du sie nicht (das ist btw. der Kern des sog.
Positivismus-Streits).

Ciao,
Stefan

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